294.000 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr gebaut, mehr als erwartet. Doch die Genehmigungen für dieses Jahr lassen einen Einbruch befürchten. Ökonomen kritisieren, dass die Bundesregierung zu wenig hilft.
Eigentlich wollte die Bundesregierung 400.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen lassen, doch von dieser Zahl entfernt sie sich immer weiter. Seit Amtsantritt der Ampel stagniert die Zahl der Neubauten bei knapp unter 300.000 Wohnungen. Dieses Jahr dürften es viel weniger werden. Darauf deuten die Zahlen der Baugenehmigungen hin. Schon 2023 ging diese von 354.000 auf 260.000 zurück. Im ersten Quartal diesen Jahres waren es dann nur noch 53.000 Genehmigungen. Hochgerechnet ergäbe das nur rund 212.000 für das gesamte Jahr. Da stets weniger Wohnungen fertiggestellt als genehmigt werden, könnte es also für nur noch rund 200.000 Einheiten in diesem Jahr reichen.
Die Gründe der Baukrise sind zuallererst marktwirtschaftlich. Die durch die Corona-Pandemie gestiegenen Kosten für Rohstoffe belasten Bauherren ebenso wie die geringe, und damit teure Verfügbarkeit von Handwerkern auf Grund des Fachkräftemangels und die gestiegenen Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) machen Finanzierungen deutlich teurer. Zwar entspannt sich die Lage mittlerweile zumindest bei den Energiekosten, auch die Baupreise steigen nicht mehr so schnell. Doch für eine Entspannung in der Branche sorgt das nicht.
Diese Förderprogramme für den Neubau gibt es
Die Bundesregierung trägt ihren Teil dazu bei, dass sich die Lage nicht bessert. Problematisch ist hier, dass es aktuell kaum verlässliche Förderprogramme für den Wohnungsneubau gibt. Gefördert werden klimafreundliche Neubauten derzeit über zwei Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Beim KfW-Kredit 297,298 „Klimafreundlicher Neubau“ gibt es einen vergünstigten Kredit ab 2,55 Prozent Zinsen bis zu 150.000 Euro. Das ist besser als eine Finanzierung über eine Bank, aber im vergangenen Jahr bot die KfW-Bank dafür teilweise noch Zinssätze von unter einem Prozent an. Auch die Fördersumme ist dieses Jahr mit einer Milliarde Euro nur halb so groß wie im Vorjahr. Dabei stießen damals die rund zwei Milliarden Euro schon an Grenzen. Mitte Dezember stoppte das Bauministerium die Förderung plötzlich, weil der Fördertopf ausgeschöpft war. Erst seit Ende Februar können wegen des Hickhacks um den Bundeshaushalt wieder neue Anträge gestellt werden.
Daneben gibt es noch den KfW-Kredit 300, „Wohneigentum für Familien“. Hier werden eben Neubauten von Familien und Alleinerziehenden gefördert. An den Konditionen gibt es hier wenig auszusetzen. Klimafreundliche Neubauten werden mit bis zu 270.000 Euro zu einem Zinssatz ab 0,01 Prozent gefördert. Der Satz steigt nur, wenn Sie eine 20-jährige Zinsbindung wünschen, auf bis zu 2,91 Prozent an, liegt dann aber immer noch unter dem durchschnittlichen Marktzins. Gemessen wird die Klimafreundlichkeit eines Neubaus am Effizienzhaus-Standard 40. Ihre Wohnung sollte also maximal 40 Prozent der Energie eines Standardhauses verbrauchen. Das Problem an diesem Förderprogramm: Es richtet sich nur an Familien mit einem maximal zu versteuerndem Jahreseinkommen von 90.000 Euro. Das ist gut gemeint, aber viele Menschen mit weniger Einkommen können auch mit Förderung kaum bauen – entsprechend gab es im Vorjahr nur eine dreistellige Zahl an Anträgen.
Die dritte Säule lässt auf sich warten
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ist sich dieser Probleme bewusst und will deswegen eigentlich ein neues Förderprogramm in diesem Jahr auflegen. Mit der Förderung „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“ sollen kleine Wohnungen gefördert werden. Die könnten gerade in Großstädten Platz für Studenten, Rentner, Singles und Alleinerziehende schaffen. Auch der Fördertopf von rund einer Milliarde Euro steht schon. Was fehlt, ist noch die Ausarbeitung des Programms. Seit Ende Februar warten Interessierte auf die Details der Förderung. So steht noch nicht fest, bis zu welcher Summe und mit welchen Zinssätzen Förderkredite vergeben werden. Zwar sollen auch die hier geförderten Wohnungen klimafreundlich sein, aber auch das ist noch nicht final definiert. Die Bauindustrie rechnet erst im Oktober mit dem Start des Programms.
„Die Unbeständigkeit der Förderungen macht Projektentwicklern zu schaffen“, sagt Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber dem Handelsblatt . Wer heute noch nicht weiß, welche Förderung er in einigen Monaten zu welchen Konditionen beantragen kann, der startet oft erst gar nicht die Planung eines Neubaus. Da beim KfW-Kredit 297,298 der Zinssatz mittlerweile auch nur noch knapp unter dem Marktzins liegt, aber höhere Anforderungen stellt, wird auch dieses Programm immer unattraktiver.
Quelle: FOCUS online