Vorweg: Wer auf den exakt richtigen Kauf-Zeitpunkt wartet, wird niemals eine Immobilie kaufen. Denn er findet immer Gründe für Zweifel, warum gerade jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Das Gleiche gilt für den Verkauf.
Es ist wie am Aktienmarkt: Da gibt es Leute, die warten seit 15 Jahren auf den großen Crash und kaufen deshalb nicht. Sie merken dabei gar nicht, dass sie in diesen Jahren mehr Geld verloren haben als sie jemals bei einem Crash verlieren werden. Sie haben nie etwas von Opportunitätskosten gehört.
Es gibt umgekehrt auch Leute, die sagen immer, genau jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um zu kaufen. Wenn Sie diese Leute – meist sind es solche, die selbst ihr Geld mit der Vermittlung von Transaktionen verdienen – fragen, ob sie jetzt kaufen sollen, dann ist die Antwort so viel wert, wie wenn Sie Ihren Friseur fragen, ob Sie einen neuen Haarschnitt brauchen.
Ich habe, beginnend Ende der 90er Jahre bis in die 2010er Jahre ständig geschrieben, man solle Wohnimmobilien in Berlin kaufen – und auch selbst danach gehandelt. Dann kam eine Phase, wo ich den Eindruck hatte, der Markt sei überhitzt. Ich begann zu verkaufen, 2014, 2015, 2016. Alle Immobilien, die ich in Berlin verkaufte, verkaufte ich mindestens zum Vierfachen des Preises, den ich bezahlt hatte. Aber als ich mit dem Verkauf begann, fragten mich manche zweifelnd: „Glauben Sie nicht, dass die Preise weiter steigen werden?“ Als ich antwortete: „Doch, natürlich“ waren sie verwirrt. „Warum verkaufen Sie dann?“ Meine Antwort: „Weil ich kein Hellseher bin“.
Die Illusion, genau den Hoch- und Tiefpunkt zu finden
Wer glaubt, beim Kauf genau den tiefsten und beim Verkauf genau den höchsten Punkt zu erwischen, der irrt sich natürlich gewaltig. Wer antizyklisch kauft, wird mit hoher Wahrscheinlich nach dem Kauf zusehen müssen, wie die Preise weiter fallen und nach dem Verkauf zusehen müssen, wie die Preise weiter steigen. Denn die Wahrscheinlichkeit, exakt den Scheitelpunkt bzw. Wendepunkt zu erwischen, ist fast gleich Null. Worauf es ankommt ist, dass Sie ungefähr in der Nähe von Tiefpunkten kaufen und in der Nähe von Hochs verkaufen. Schon das ist eine riesige Herausforderung, weil wir erst Jahre später wissen, was der Hoch- und was der Tiefpunkt war. Das gilt am Aktien- wie am Immobilienmarkt.
Natürlich fällt es vielen Menschen schwer, so zu handeln, weil sie kurzfristig „bestraft“ werden und nur langfristig belohnt. Es bereitet ihnen Schmerzen, wenn sie nach einem Verkauf zusehen müssen, wie die Preise weiter steigen. Ich hatte diese Schmerzen nicht, weil mir dies schon zu dem Zeitpunkt klar war, als ich verkaufte.
Ich habe mich bei meinen Investments in Deutschland immer daran gehalten und deshalb hervorragend am Immobilienmarkt verdient. Ich konnte die Zahlen wie die Marktpsychologie richtig einschätzen.
Als ich mich nicht an meine Prinzipien hielt, wurde ich bestraft
Bei meinen Investitionen in den USA dagegen habe ich in den vergangenen Jahren daneben gelegen, weil ich mich nicht an meine eigenen Prinzipien gehalten und zu teuer gekauft hatte. Zudem habe ich das über einen Fonds gemacht, der hauptsächlich in Büroimmobilien investiert, einem Markt, von dem ich wenig Ahnung habe. Als die Zinsen stiegen und der Büromarkt nach Corona in eine Krise geriet, wurden die Immobilien massiv abgewertet.
Zu meiner Rechtfertigung muss ich sagen, dass der Manager des US-Fonds einer der intelligentesten Menschen ist, die ich in meinem Leben kennengelernt habe und mit dessen Fonds ich in den Jahren davor stets glänzende Erfahrungen gemacht hatte. Er war extrem erfolgreich, weil er früher in der Nähe von Hochs verkauft hatte. Er hörte auf, erfolgreich zu sein, als er einkaufte, obwohl es zu teuer war.
Die oben skizzierten Gesetze gelten immer, unabhängig davon, wie erfahren oder intelligent der Investor ist. Und wenn Sie vermögend werden wollen, sind solche Einsichten wichtiger als jedes Detailwissen. Ihr Investment-Erfolg hängt davon ab, ob Sie Überlegungen wie die oben dargestellten verstehen – und dann danach handeln. Ich habe meist danach gehandelt und daher herausragende Ergebnisse erzielt. Doch als ich im Fall der US-Investments nicht so verfuhr, wurde ich zu Recht bestraft. Dennoch überstiegen meine Gewinne bei Immobilien-Investments in Summe die Verluste um ein Vielfaches.
Quelle: FOCUS online