Wieso stehen in München auf einmal so viele Häuser zum Verkauf? Und was bedeutet das für die Mietpreisentwicklung?
Bis 2021 habe die Stadt München die Angebote für Wohnungskäufe „an zwei Händen abzählen“ können, sagt Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). Damals hätte ihr Referat zwei Stellen für die Angebotsprüfung beschlossen, die nun nicht mehr mit der Prüfung hinterherkämen.
„Wir sehen uns einem so großen Angebotsüberhang gegenüber, dass wir dem mit den personellen Kapazitäten und den finanziellen Möglichkeiten, den der Stadtsäckel bietet, gar nicht gerecht werden können“, sagt Frank. Erst letzte Woche sei zum Beispiel eine „große Wohnanlage mit mehr als 300 Wohneinheiten“ dazugekommen. Man habe „in großen Dimensionen Angebote vorliegen“ und müsse daher mittlerweile priorisieren, sagt Frank – kleine Angebote fielen da schon einmal unter den Tisch.
Stadt München kauft munter ein – für 800 Millionen Euro
Insgesamt 800 Millionen Euro habe die Stadt in den letzten 5 Jahren ausgegeben, um sich am, mit Angeboten überlaufenden, Wohnungsmarkt zu bedienen, sagt Frank der „SZ“. Der Großteil dieser Ausgaben sei dabei durch „freihändige Ankäufe“ entstanden.
Bis Ende 2021 hätten Münchner Kommunen nämlich ein Vorkaufsrecht beim Erwerb von Immobilien in schützenswerter Lage gehabt. Anders gesagt, selbst nachdem Investoren beim Notar Kaufverträge abgeschlossen hatten, konnten die Kommunen solche Immobilien nachträglich erwerben.
Dann habe das Bundesverwaltungsgericht diese Praxis für nicht rechtmäßig erklärt und verfügt, dass das Vorkaufsrecht fortan nur noch für weitgehend leerstehende Immobilien gelten solle. In der Folge habe die Stadt 2022 gerade einmal drei Mietshäuser mit insgesamt 52 Wohnungen per Vorkaufsrecht erworben.
Dass die Summe aller Ankäufe dennoch so hoch sei, verdanke man eben dem drastischen Anstieg freihändiger Ankäufe. Freihändig oder per Vorkaufsrecht: 800 Millionen Euro für den Wohnungserwerb auszugeben, könne sich, nebenbei bemerkt, „nur eine Stadt wie München leisten“, sagt Frank.
Zinserhöhungen wirken auf dem Immobilienmarkt wie ein zweischneidiges Schwert
Wieso aber seien überhaupt so viele Immobilien verfügbar, fragt Frank. Sicher wissen könne man das nicht, doch wachsende Ängste um eine Immobilienblase in München sowie die steigenden Zinsen spielten sicherlich eine Rolle.
Höhere Zinsen bedeuten teurere Immobilienkredite und – so der Gedankengang der Hausverkäufer – schon bald eine sinkende Nachfrage und daher sinkende Immobilienpreise. Man wolle verkaufen, bevor die Immobilien zu stark an Wert verlieren.
Bedauerlicherweise wirkten sich langfristig betrachtet weder die steigenden Zinsen noch das Aufkaufprogramm der Stadt positiv auf die Mietpreise aus, solange das numerische Verhältnis zwischen Wohnungssuchenden und freistehenden Wohnungen sich nicht verändere, sagt Frank der „SZ“.
Unabhängig vom Gedankengang der Verkäufer sei schließlich auch Fakt, dass die Fälle, in denen Baurecht geschaffen wurde, seit 2018 stark rückläufig seien: 7.000 Fällen aus 2018 hätten während des noch-Corona-Jahrs 2021 228 und letztes Jahr 4.000 Fälle gegenübergestanden. Auch Grundstücke, auf denen Mietwohnungen entstehen könnten, seien im ersten Halbjahr 2023 nur halb so häufig verkauft worden wie im Vorjahr.
Setzten sich diese Trends fort und wüchse die Bevölkerung wie prognostiziert bis 2040 auf 1,82 Millionen an, müssten jährlich mindestens 5.000 neue Wohnungen entstehen, um der künftigen Wohnungsnot zu steuern.
Die steigenden Zinsen sorgten in einem solchen Szenario eher dafür, dass potenzielle Immobilienkäufer sich vermehrt dem Mietmarkt zuwenden und dadurch die Mietpreise in die Höhe treiben.
Quelle: FOCUS online