Die kritische Lage der Baubranche wird sich auch auf die Beschäftigten auswirken. Der Zentralverbands Deutsches Baugewerbes (ZDB) erwartet im kommenden Jahr den Verlust von rund 30.000 Jobs.
Die deutsche Baubranche leidet massiv unter dem Einbruch im Wohnungsbau und rechnet deshalb erstmals seit vielen Jahren mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. „Für 2024 erwarten wir einen deutlichen Rückgang um rund 30.000 Beschäftigte mit weiterem Abwärtspotenzial“, sagte der Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Wolfgang Schubert-Raab.
Im vergangenen Jahrzehnt habe man 220.000 neue Jobs am Bau geschaffen. Im zu Ende gehenden Jahr dürfte die Zahl der Beschäftigten um fast 7.000 auf 920.000 sinken. Grund ist dem ZDB zufolge der Nachfrageeinbruch im Wohnungsbau, wo steigende Zinsen Investoren und private Häuslebauer abschrecken. Dies drückt massiv auf den Umsatz. „Der Wohnungsbau bricht in diesem Jahr real um elf Prozent ein und setzt seinen Sinkflug in 2024 mit minus 13 Prozent fort“, sagte Schubert-Raab.
Wohnungsbauziel in weiter Ferne
Unterm Strich und damit in allen Sparten zusammen rechnet die Baubranche in diesem Jahr mit 162,5 Milliarden Euro Umsatz, der im nächsten Jahr auf gut 154 Milliarden Euro sinken dürfte. Dies entspricht real – also bereinigt um Preisveränderungen – einem Minus von 5,3 Prozent 2023 und minus 3,0 Prozent für 2024.
„Der Giftmix aus stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten hat wie erwartet vor allem im Wohnungsbau seine Spuren hinterlassen“, erklärte der ZDB. Für dieses Jahr rechne man nur noch mit dem Bau von 271.000 Wohneinheiten. „Die Abwärtsspirale geht weiter“, sagte Schubert-Raab. „Für 2024 erwarten wir nach derzeitigen Investitionsbedingungen nur noch die Fertigstellungen von 235.000 Wohneinheiten.“ Damit rücke das unstrittige Ziel der Ampel-Koalition von neuen 400.000 Wohnungen pro Jahr in weite Ferne.
In einer Verbandsumfrage nannten die Betriebe vor einem Jahr noch fehlende Arbeitskräfte und Lieferprobleme beim Material als größte Hindernisse. In diesem Herbst seien es mit Abstand fehlende Aufträge.
Die Bundesregierung hatte auf einem Baugipfel im September mit einem Bündel von 14 Maßnahmen Besserung versprochen. Allerdings ringt die Ampelkoalition derzeit wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts noch um den Haushalt 2024 und Fördermaßnahmen des Bundes. Schubert-Raab appellierte an die Politik, so schnell wie möglich, Planungssicherheit zu schaffen. „Wir brauchen zügig grünes Licht für die Investitionen und Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld ab April 2024, um die Beschäftigten halten zu können.“
Wintereinbruch lähmt Bautätigkeit
Hinzu kommt, dass die aktuelle Wetterlage der ohnehin angeschlagenen Bauwirtschaft zu schaffen macht: „Der Wintereinbruch führt tatsächlich dazu, dass einige Baustellen, vor allem im Tiefbau, derzeit stillstehen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller. „Dies ist betriebswirtschaftlich jedoch einkalkuliert und kann abgefedert werden.“
Als Beispiele dafür nannte er den Abbau von Überstunden und das Saison-Kurzarbeitergeld. Letzteres kann in der Schlechtwetterzeit von Dezember bis Ende März gezahlt werden, damit Beschäftigte während dieser Periode bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden müssen.
„Größere Sorgen bereiten uns also nicht die Störungen im laufenden Betrieb, sondern die Befürchtung, dass es künftig gar nicht erst zum Betrieb kommen wird, vor allem im Wohnungsbau“, sagte Müller.
Quelle: tagesschau