Bei Eigenbedarf haben Mieter oft das Nachsehen, es sei denn, es handelt sich um einen Härtefall. Die beschäftigen immer öfter die Justiz. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden: Pauschale Urteile sind unmöglich.
Bei Eigenbedarfskündigungen dürfen Gerichte nicht pauschal urteilen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe entschieden. Die Gerichte müssten genau hinschauen, ob ein Härtefall vorliege, und in bestimmten Fällen einen Gutachter heranziehen – nämlich dann, wenn der Mieter eine Verschlechterung seiner Gesundheit mit ärztlichem Attest geltend macht. Die höchsten deutschen Zivilrichter hoben zwei Urteile auf, in denen Gerichte aus BGH-Sicht nicht gründlich genug geprüft hatten.
In einem Fall war ein Familienvater, der Eigenbedarf angemeldet hatte, mit seiner Revision erfolgreich (VIII ZR 180/18) – was aber nicht unbedingt heißt, dass er seinen Eigenbedarf durchsetzen kann. Er hatte einer 80 Jahre alten Mieterin gekündigt, die seit 45 Jahren in einer Berliner Wohnung lebt. Grund: Die junge Familie des Eigentümers braucht selbst mehr Platz.
Das Berliner Landgericht hatte zwar den Eigenbedarf der Familie bestätigt – die Seniorin konnte aber wegen der langen Wohndauer und einer attestierten Demenz trotzdem in ihrem Zuhause bleiben. Ob die alte Dame nun raus muss, hängt davon ab, ob sie in einem neuen Prozess negative gesundheitliche Folgen bei einem Umzug nachweisen kann.
Im zweiten Fall entschied der BGH zugunsten von zwei Mietern einer Doppelhaushälfte in Kabelsketal (Sachsen-Anhalt). Hier war die Vorinstanz der Ansicht, ein Umzug sei den Mietern trotz verschiedener schwerer Krankheiten zumutbar. Dagegen wehrten sie sich erfolgreich bis vor den BGH (VIII ZR 167/17).
Das Urteil des Landgerichts Halle wurde aufgehoben und zur Neuverhandlung an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Auch hier muss ein neuer Prozess die Auswirkungen eines Umzugs auf die kranken Mieter klären.
Quelle: Wirtschaftswoche