Der Senat gefährdet mit seiner Wohnungspolitik die Zukunft der Stadt. Jetzt hilft nur noch, Neubauten vom Mietendeckel langfristig auszunehmen. Ein Kommentar.
Soll keine sagen, sie habe es nicht gewusst. Und auch nicht, sie habe es nicht gewollt. Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, will die Mieten in Berlin einfrieren. Deckel drauf und alle sind glücklich. Wirklich alle?
Nein, das zeigen die Vorboten dessen, was Berlin droht: Unternehmer berichten von stornierten Aufträgen zur Sanierung und zum Bau von Wohnungen. Begründet werde das mit der „politischen Lage“. Das hat nichts zu tun mit dem Parteibuch der Senatorin. Aber Politik ist die Kunst, den Markt so zu steuern, dass die Verteilungsgerechtigkeit gewahrt ist und so der gesellschaftliche Friede. Zurzeit steuert die Wohnungspolitik gegen die Wand. Da steigen Bauherren lieber rechtzeitig aus.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat das erkannt. Der Sozialdemokrat stoppte im Senat Lompschers Stadtentwicklungsplan, weil er zu wenig neue Wohnungen vorsieht und deren Bau nicht beschleunigt, so wie vereinbart.
Ja, es herrscht Wohnungsnot. Und richtig ist auch, dass der Markt allein es nicht richtet. Aber: Genauso, wie die Linke vor 15 Jahren in der rot-roten Koalition mitmachte beim Verkauf landeseigener Wohnungen und deshalb die Not heute mitverantwortet, genauso droht heute ein grob geschnitzter Mietendeckel die Wohnungsnot zu verschärfen.
Denn es ist eine Binsenweisheit, dass mehr Nachfrage bei weniger Angebot Mangel erzeugt. Die aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft erinnert nicht nur daran, dass Berlin ein Viertel weniger Wohnungen baut, als die wachsende Stadt bräuchte, sondern auch daran, dass Mieten steigen, wo wenig neue Wohnungen entstehen.
Wer glaubt, das Einfrieren der Mieten könne das verhindern, ist naiv. Lompscher und die Linke sind es nicht, sie sind berechnend. Berlin ist eine Mieterstadt, acht von zehn Berlinern werden jubeln: Der Mietenwahnsinn ist vorbei. Vorerst. Das bringt Stimmen bei der Wahl. Ein schneller Erfolg, populär zumal.
Kurzfristiger Erfolg
Aber der kurzfristige Erfolg wird erkauft auf Kosten der Zukunft der Stadt und künftiger Generationen. Kein Vermieter wird jungen Berufseinsteigern mit Familie eine Wohnung geben, weil er nur eine gedeckelte Miete verlangen darf. Er wird durchstartende Singles bedienen, die sich noch größere Wohnungen in bester Lage gönnen werden. Und eine neue Wohnung? Wird die Familie allenfalls bei einer der sechs landeseigenen Firmen bekommen. Aber die wirtschaften heute schon am Rande ihrer Leistungsfähigkeit wegen des Rückkaufs von Wohnungen und ihrer Neubauvorhaben.
Der Mangel an politischer Weitsicht ist erschütternd. Dabei liegt offen zutage, was gestoppt werden muss: Handel und Spekulation mit Wohnungen, befeuert durch falsche politische Anreize. Es ist kein Zufall, dass Deutsche Wohnen und andere wenig bauen. Die Reserve alter Wohnungen auszuquetschen durch steuerlich belohnte Modernisierungen, bringt mehr Rendite fast ohne Risiko.
Linke, hört die Signale! Noch ist Zeit für eine Politik der sozial-ökonomischen Vernunft. Hier ein Vorschlag: den Neubau nicht kurzzeitig, sondern langfristig ausnehmen vom Mietendeckel. Dafür Quoten bezahlbarer Wohnungen festlegen. Flankiert von einer Förderung – darüber sollten Politik und Branche reden! Denn was nutzt es, wenn der Mietendeckel kommt, begleitet von einem Heer von Arbeitslosen – entlassen wegen der Krise im Berliner Wohnungsneubau.
Quelle: Der Tagesspiegel