Die Baubranche hat im Mai mehr Aufträge bekommen. Doch die Aussichten sind mau. Im Herbst rechnen die Betriebe mit einer Flaute, bereits jetzt steigt die Zahl der Insolvenzen.
Die wegen gestiegener Material- und Zinskosten gebeutelte deutsche Baubranche hat im Mai mehr Aufträge an Land gezogen. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe wuchs inflationsbereinigt (real) um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das teilt das Statistische Bundesamt mit.
Im April hatte es noch einen Rückgang von 1,3 Prozent gegeben. Wesentlich schlechter fällt die Bilanz für die ersten fünf Monate insgesamt aus: Hier brachen die Aufträge real um 15,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein.
Real sinkende Umsätze
»Zwar leben die Unternehmen noch von ihren Auftragsbeständen, aber spätestens im Herbst dürfte sich die Lage weiter verschärfen«, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, die Entwicklung. »Schon jetzt ist unsere Branche von einem deutlichen Anstieg der Zahl der Insolvenzen betroffen.« In den ersten vier Monaten hätten 437 Unternehmen des Bauhauptgewerbes Insolvenz anmelden müssen, gut ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Davon seien überwiegend die Firmen betroffen, die im Neu- und Rohbau tätig seien.
Die Flaute im Neugeschäft schlägt auch auf den Umsatz durch. Dieser erhöhte sich im Mai zwar aufgrund der stark gestiegenen Baupreise um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 9,5 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt fiel der Umsatz allerdings real um 2,1 Prozent niedriger aus. In den ersten fünf Monaten sanken die Umsätze real sogar um 7,3 Prozent gemessen am Vorjahreszeitraum. Dennoch lag die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe im Mai um 1,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Das Neugeschäft im Tiefbau, wozu beispielsweise der Straßenbau zählt, hielt sich im Mai besonders gut: Hier wuchs der Auftragseingang real um 4,7 Prozent zum Vormonat. Der Hochbau – der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt ist – meldete ein Plus von 2,2 Prozent.
Dem Wohnungsbau in Deutschland droht einer Studie zufolge im kommenden Jahr ein noch stärkerer Einbruch – wegen hoher Zins- und Materialkosten. Die Zahl neu fertiggestellter Wohneinheiten in Mehr- und Einfamilienhäusern dürfte bis auf 177.000 sinken, wie aus einer Untersuchung des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hervorgeht. Im laufenden Jahr könnten es im schlechtesten Fall 223.000 Wohnungen sein, nach 295.000 im vergangenen Jahr. Damit würde 2024 fast wieder der historische Tiefststand von 2009 erreicht werden, das von der Bundesregierung angestrebte Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen zugleich deutlich verfehlt.
Quelle: SPIEGEL Wirtschaft