Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Kredite für Immobilien waren lange Zeit günstig – sehr günstig. Je nach Dauer der Zinsbindung stand bei den Zinsen häufig eine Null vor dem Komma. Diese goldenen Zeiten sind aber erst einmal vorbei, hat Max Herbst von der FMH-Finanzberatung in Frankfurt am Main beobachtet. „Die Zinsen steigen.“
Ein wichtiger Grund dafür ist die Preisentwicklung. Im Februar stiegen Verbraucherpreise in Deutschland gegenüber Februar 2021 um 5,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar 2022 hatte die jährliche Teuerungsrate bei 4,9 und im Dezember 2021 bei 5,3 Prozent gelegen.
Eine Ursache für die Inflation sind derzeit unter anderem die hohen Energiepreise: Haushaltsenergie und Sprit verteuerten sich im Februar innerhalb eines Jahres um 22,5 Prozent. Der Krieg in der Ukraine, der an den Rohstoffmärkten für Preissprünge bei Rohöl und Erdgas sorgt, könnte die Energiepreise und damit die Inflation insgesamt weiter anheizen. Und das wiederum könnte die Zinsen für Hypothekendarlehen weiter nach oben treiben.
Inflation hat Einfluss auf Bundesanleihen
Der Grund: Bei einer hohen Inflationsrate sind viele Anleger nicht mehr bereit, ihr Geld zu Minusrenditen an den deutschen Staat zu verleihen. „Das treibt die Rendite der Bundesanleihen“, erklärt Max Herbst. „Werden die Staatspapiere teurer, steigt auch die Rendite der Pfandbriefe – und am Ende gehen die Bauzinsen nach oben.“
Nach Beobachtungen der Stiftung Warentest stiegen die Zinsen im Jahresvergleich schon um einen halben Prozentpunkt. Laut FMH liegt der durchschnittliche Zinssatz für ein Darlehen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren mittlerweile bei 1,54 Prozent (Stand 1.3.). Anfang Februar lag der Durchschnittszins den Angaben zufolge noch bei 1,07 Prozent.
Zinsen klettern schnell
Interessant zu beobachten: Die Zinsen für Immobilienkredite steigen derzeit vergleichsweise schnell. Nach Angaben des Kreditvermittlers Dr. Klein setzten einige Banken ihre Zinssätze innerhalb von sechs Wochen mehrmals deutlich hoch. Auch der Kreditvermittler Interhyp berichtet von einem schnellen Anstieg der Zinsen.
Schwierig kann das für alle werden, die mitten im Finanzierungsprozess stecken. Wer nach einer Bedenkzeit sein Angebot aktualisieren lässt, muss den Angaben zufolge ein Zins-Plus von 0,30 bis 0,60 Prozentpunkten verkraften. Je nach Höhe des Darlehens kann das die Monatsrate um bis zu 400 Euro erhöhen.
Das Problem: Laut Stiftung Warentest wird die Situation für Käuferinnen und Käufer in naher Zukunft eher nicht leichter. Der Grund: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) will Banken dazu bringen, ab 2023 mehr Eigenkapital zur Risikovorsorge abzustellen. Das wird Immobilienkredite vermutlich verteuern. Und auch der Inflationsdruck wird vermutlich nicht so schnell abnehmen.
Lange Zinsbindung sichern
In Panik müssen Interessenten nun aber nicht verfallen. „Das Zinsniveau ist im langfristigen Vergleich immer noch niedrig“, sagt Max Herbst. „Wir bewegen uns derzeit auf dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.“ Sicherheitsorientierte Käuferinnen und Käufer könnten sich mit langen Zinsbindungen gegen einen weiteren Anstieg absichern. „Dann haben Sie ihre Ruhe.“
Allerdings verlangen Banken und Sparkassen bei langen Zinsbindungen einen Aufschlag. Für Darlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren werden laut FMH derzeit im Durchschnitt 1,8 Prozent Zinsen fällig. Bei einer Zinsbindung von 20 Jahren sind es derzeit 1,91 Prozent (Stand jeweils: 1.3.).
Außerdem können Käuferinnen und Käufer ihr persönliches Zinsniveau beeinflussen, erklärt die Stiftung Warentest. Wichtig dafür: Mehrere Angebote verschiedener Banken und Sparkassen einholen. Günstige Geldinstitute verlangen nur halb so viel Zinsen wie teure. Bei einem 270 000 Euro Kredit (90 Prozent Finanzierung) mit 20 Jahren Zinsbindung summiert sich der Zinsunterschied auf bis zu 36 400 Euro.
Anschlussfinanzierung in den Blick nehmen
Wessen Zinsbindung in ein bis drei Jahren ausläuft, der sollte sich Gedanken über die Anschlussfinanzierung machen und im Zweifel jetzt schon Konditionen prüfen. Mit einem Forward-Darlehen lassen sich bis zu fünf Jahre im Voraus günstige Zinsen für die Zukunft sichern. Wichtig auch hier: Mehrere Angebote einholen und vergleichen.
Angst vor einem Bankwechsel brauchen Eigentümerinnen und Eigentümer nicht zu haben. Der Arbeitsaufwand ist laut Stiftung Warentest geringer als es auf den ersten Blick erscheint. Denn die Unterlagen, die für den ersten Kredit eingereicht werden mussten, könnten noch einmal genutzt werden. Neu erstellt werden müsse in der Regel nur ein Grundbuchauszug. Der Wechsel selbst werde von den Geldinstituten untereinander geregelt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung