Die schnell steigenden Mieten nehmen der Gefahr einer Überbewertung von Wohnimmobilien die Brisanz – von Normalität kann aber noch nicht die Rede sein, heißt es im aktuellen Empirica-Blasenindex. Vor allem Großstädte haben ein hohes oder eher hohes Risiko.
Die Blasengefahr am deutschen Wohnimmobilienmarkt schrumpft aufgrund steigender Mieten weiter, allerdings sinkt sie hinsichtlich des Aspekts Verbreitung zuletzt deutlich langsamer als in Sachen Brisanz – das zeigt der Empirica-Blasenindex für das erste Quartal 2024.
Der Gesamtindex bleibt bundesweit unverändert (plus / minus null Punkte) gegenüber dem vierten Quartal 2023 und geht nur in den Schwarmstädten nach oben (plus ein Punkt). In Wachstums- und Schrumpfungsregionen bleibt er stabil.
Die Teilindizes „Baukredite“, „Vervielfältiger“ (Verhältnis Mieten zu Kaufpreisen) und Preis-Einkommen (Verhältnis Kaufpreise zu Einkommen) stagnieren ebenfalls. Der Teilindex „Fertigstellungen“ steigt leicht um drei Punkte.
Der Empirica-Blasenindex misst vierteljährlich den Überschuss in den 400 deutschen Kreisen und Städten mit Risiko für eine Immobilienblase gegenüber denen ohne Risiko.
Wohnen: Mieten und Kaufpreise nähern sich an
Der Anteil gefährdeter Kreise sank gegenüber dem zweiten Quartal 2022 zwar, im Vergleich zum vierten Quartal 2023 hat er aber stagniert.
Das Rückschlagpotenzial (die relative Preiskluft zwischen Kaufpreisen für Eigentumswohnungen und Mieten) macht die Brisanz der Blasengefahr deutlich: Im Index für das erste Quartal 2024 hat der Preisanstieg in den „Top 7“-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart nur noch einen Vorsprung von 30 Prozent gegenüber dem Mietanstieg. Das war zuletzt im vierten Quartal 2017 der Fall; im ersten Quartal 2022 waren es noch 49 Prozent.
Begünstigt wird dieser Trend laut Empirica durch die außerordentlich hohen Mietzuwächse: Dafür sorgt zu wenig Neubau aufgrund hoher Baukosten bei gestiegenen Finanzierungskosten. Energetisch unfitte Objekte profitieren davon weniger, wenn steigende warme Nebenkosten den Anstieg der Nettokaltmieten begrenzen.
Blasenrisiko: Verbreitung und Brisanz sinken weiter
Die Blasengefahr schrumpft dank steigender Mieten weiter, die Verbreitung sinkt zuletzt allerdings deutlich langsamer als die Brisanz, heißt es im aktuellen Blasenindex. Das liege daran, dass die Schwellenwerte für eine Blasengefahr vielerorts sehr weit überschritten waren. Außerdem ermittelt die neue Nachfrageprognose von Empirica einen geringeren Neubaubedarf als bisher, bedingt durch die langsamer wachsende Zahl der Haushalte.
Dadurch droht in mehr Kreisen als bisher ein Überangebot, wodurch der Teilindex „Fertigstellungen“ ein höheres Blasenrisiko indiziert. Der Gesamtindex würde unter der alten Nachfrageprognose um sieben Punkte tiefer liegen (25 statt 32 Punkte), unter der neuen Nachfrageprognose sinkt die Verbreitung von Preisblasen jedoch langsamer.
Immobilienblase: Warnstufe in zwei Großstädten hoch
Die zwölf größten deutschen Großstädte: Nur Essen, Frankfurt am Main und Stuttgart weisen ein „mäßiges“ Blasenrisiko auf, Dortmund und Hamburg ein „hohes“ – und Bremen, Düsseldorf, Köln, München, Berlin, Dresden Leipzig ein „eher hohes“.
Bundesweite Verteilung „Vervielfältiger“: Die Mieten und Kaufpreise wachsen in 307 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten nicht mehr im Gleichklang. Das Maximum wurde im dritten Quartal 2022 mit 332 erreicht.
Bundesweite Verteilung „Preis-Einkommen“: In 344 Kreisen sind die Kaufpreise den Einkommen enteilt (Maximum im vierten Quartal 2022 mit 365).
Bundesweite Verteilung „Fertigstellungen“: Wegen der gesunkenen Bedarfsprognose werden nun in 146 Kreisen zu viele Wohnungen gebaut, was ein neues Maximum ist. (Maximum bisher im zweiten Quartal 2022: 109)
Verteilung „Gesamtindex“: Im Ergebnis indiziert der Empirica-Blasenindex im ersten Quartal 2024 für 341 Kreise ein „mäßiges“ bis „hohes“ Blasenrisiko (Maximum im vierten Quartal 2022 mit 355).
Hohes Bewertungsniveau der Immobilien dank Mietanstieg?
„Bis Mitte des Jahres 2022 driftete das Niveau von Kaufpreisen und Mieten immer weiter auseinander. Das höhere Niveau der Preise war in der Niedrigzinsphase gerechtfertigt, aber auch keine Sekunde länger“, kommentiert Dr. Reiner Braun, Vorstandsvorsitzender der Empirica AG und Geschäftsführer der Empirica Regio GmbH, die Ergebnisse.
Durch die nach wie vor hohe Wohnungsknappheit bei gleichzeitig kommendem Einbruch der Neubautätigkeit steigen die Mieten dem Empirica-Chef zufolge derzeit außerordentlich schnell. So wäre es möglich, dass das hohe Bewertungsniveau der Immobilien – quasi nachträglich – durch den Mietanstieg gerechtfertigt wird. Tatsächlich mussten die Preise aber schon etwas nachgeben. „Ob das neue Gleichgewicht schon wieder stabil ist, wird sich aber erst noch zeigen müssen“, so Braun. Das Rückschlagpotenzial bei den Preisen sei zwar gesunken, aber bislang erst um ein Drittel, zum Beispiel in den „Top 7“-Städten.
Die regionale Verbreitung der Blasengefahr ist also zwar auf dem Rückzug, doch der Anteil gefährdeter Kreise ist im aktuellen Blasenindex nur noch langsam gesunken. Steigende Zinsen oder eine stotternde Wirtschaft könnten weitere Preisrückgänge auslösen, hohe Zuwanderung oder Subventionen wie die degressive Abschreibung wirken in die Gegenrichtung.
Quelle: Haufe Online Redaktion