Der berechnete Bedarf an Wohnraum bis 2028 liegt bei zirka 420.000 Wohnungen pro Jahr – die Nachfrage wird in keiner deutschen Stadt gedeckt, wie eine neue Studie zeigt. Die Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen verzögert sich.
Die Fertigstellung von mehr als 220.000 neuen Wohnungen verzögert sich. Dazu kommt: Die meisten fertiggestellten Wohnungen befinden sich nicht in den Regionen, in denen die Nachfrage am höchsten ist. Der berechnete Bedarf an Wohnraum bis 2028 liegt bei zirka 420.000 Wohnungen pro Jahr.
Das sind Ergebnisse der Studie „Wohnungsdevelopments in Deutschland“ von Bulwiengesa im Auftrag der Wertgrund Immobilien AG. In der Analyse wurden auf Grundlage von Einwohnerzahlen, Baustarts und Fertigstellungen die Projektentwicklungen bis 2040 analysiert. Ziel der Studie war es, den Bedarf in den sogenannten A-, B-, C- und D-Städten und im ländlichen Raum zu erforschen.
Wohnungsmarkt: Zu wenig Neubau trifft auf hohe Nachfrage
Zwischen 2013 und 2023 wuchs die Einwohnerzahl in Deutschland um acht Prozent auf aktuell zirka 84 Millionen Menschen. Die Prognose für 2040 wird deutschlandweit auf 0,5 Prozent Zuwachs geschätzt, wobei in den sieben größten deutschen Städten – von Bulwiengesa als A-Städte qualifiziert – ein Zuwachs um 5,6 Prozent erwartet wird.
Demgegenüber steht die schwache Bauentwicklung. Zwischen 2013 und 2023 wurden laut Studie jährlich durchschnittlich etwa 260.000 Wohnungen fertiggestellt, was deutlich unter dem erklärten Ziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen pro Jahr liegt. Mehr als 155.000 dieser Wohnungen wurden auf dem Land und nicht in den größeren Städten gebaut, was das Problem verdeutlicht, dass in den Gebieten mit dem größten Bedarf zu wenig gebaut wird.
Wohnungsmieten steigen auch in kleineren Städten
Deutschlandweit wird den Autoren zufolge ein Neubaubedarf von fünf Wohnungen pro 1.000 Einwohner vorhergesagt, wobei der Bedarf in den A-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart etwa doppelt so hoch ist. Mehr als die Hälfte (50 Prozent) der neu gebauten Wohnungen befinden sich in ländlichen Gebieten. Trotz gestiegener Fertigstellungszahlen bleibt der Bedarf bundesweit ungedeckt, was zu sinkenden Leerstandsquoten und steigenden Mieten geführt hat, insbesondere in den Metropolregionen.
Die Mieten sind demnach seit 2013 vor allem in kleineren Städten stark gestiegen. Demografische Veränderungen werden die regionalen Unterschiede in der Mietentwicklung weiter verschärfen. Die Kaufpreise von Neubauwohnungen stiegen bis 2022 kontinuierlich an, gingen jedoch im Jahr 2023 aufgrund von höheren Zinsen und der Inflation zurück. Bulwiengesa erwartet einen weiterhin leichten Anstieg der Kaufpreise bis 2027 – insbesondere in den A-Städten.
Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen verzögert sich
Der Projektentwicklermarkt in Deutschland ist derzeit von Unsicherheiten, Verzögerungen, Baustopps und Insolvenzen geprägt, was die Realisierung vieler Wohnungsbauvorhaben erschwert. Laut Bulwiengesa-Datenbank umfassen die aktuellen Wohnprojekte rund 4.630 Vorhaben mit mehr als 1.000 Quadratmeter Wohnfläche, die bis 2028 fertiggestellt sein sollen.
Die Studie hat 141.797 Wohnungen identifiziert, bei denen sich der Baustart verzögert oder deren Realisierung komplett auf Eis gelegt wurde. Im Durchschnitt beträgt die Verzögerung hier elf Monate. Zusätzlich sind 80.350 Wohnungen, die sich bereits im Bau befinden, von einer durchschnittlichen Verzögerung von einem Jahr betroffen. In den A-Städten wurden die meisten Baubeginne verschoben, wobei dort der größte Wohnraumbedarf besteht. Auch sind die Preise dort am stärksten gefallen und überdurchschnittlich viele Projekte sind von Insolvenzen betroffen.
Projekte auf Eis: Eigentumswohnungen besonders betroffen
Teilweise ist die Informationslage zu den einzelnen Bauvorhaben laut Bulwiengesa sehr eingeschränkt. Das Analysehaus geht daher von einer noch höheren Zahl an verzögerten Projekten aus. Besonders Eigentumswohnungen und frei finanzierte Mietwohnungen sind der Studie zufolge von Verzögerungen betroffen, Einfamilienhäuser am wenigsten. Die Immobilienkrise und die verschobenen Projekte verschärfen die Lage, was den Nachfrageüberhang weiter erhöhen dürfte. Bis 2040 wurde allein in den A-Städten ein jährliches Defizit von 26.000 Neubauwohnungen identifiziert.
„Angesichts der aktuellen Situation, in der die Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen verzögert ist, sehen wir eine dringende Notwendigkeit für politische Unterstützung“, resümiert Wertgrund-Chef Thomas Meyer. Er ist der Ansicht, dass etwa die Wiedereinführung der KfW-55-Förderung für bereits genehmigte und baureife Projekte und der Wegfall der Grunderwerbsteuer beim Verkauf vom Projektentwickler an einen Investor Beginn und Fertigstellung der Wohnungsbauprojekte erheblich beschleunigen würden.
Quelle: Haufe Online Redaktion