Wo die Immobilienpreise schneller steigen als die Mieten oder Einkommen, mehr Wohnungen gebaut als gebraucht werden und dann auch noch die Kredite in die Höhe schnellen – dort steigt die Gefahr einer Blase. Das trifft laut Empirica immer mehr auch für Schrumpfungsregionen zu.
Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgt weiter dafür, dass in vielen deutschen Städten die Immobilienpreise steigen, weil „das billige Geld“ den Markt flutet und die Nachfrage das Angebot vielerorts weit übertrifft. Die Mieten kommen den Preisen schon länger nicht mehr hinterher.
Seit Jahren wachsen zudem die Kaufpreise schneller als die Einkommen und die Mieten, es wird immer mehr gebaut und die Baukredite steigen erheblich. Im Ergebnis zeigt der vierteljährlich veröffentlichte Blasenindex des Berliner Forschungsinstitut Empirica in immer mehr der untersuchten 401 Städte und Kreise eine Überbewertung der Immobilienmärkte beziehungsweise eine mäßige bis hohe Blasengefahr: 331 „infizierte“ Kreise sind es im zweiten Quartal 2021 (Vorquartal 324, vor drei Jahren 243).
Die Mieten und Kaufpreise („Vervielfältiger“) wachsen in 302 Landkreisen und kreisfreien Städten nicht mehr im Gleichklang (Vorquartal 300, vor drei Jahren 228). In 344 Kreisen sind die Kaufpreise den Einkommen enteilt (Vorquartal 332, vor drei Jahren 249). Und in 65 Kreisen werden aktuell zu viele Wohnungen gebaut (Vorquartal ebenfalls 65, vor drei Jahren 27).
Schrumpfungsregionen: Nullpunkt bei der Blasengefahr ist weit überschritten
Beim aktuellen Empirica-Blasenindex fällt insbesondere die Entwicklung in Schrumpfungsregionen ins Auge. Erst vor vier Quartalen überschritten diese den „Nullpunkt“ der Blasengefahr, jetzt nähern sie sich der 20 Prozent-Marke. Dafür haben den Forschern zufolge die sogenannten Schwarmstädte acht Quartale gebraucht (2013 bis 2015) und die Wachstumsregionen sogar neun Quarate zwischen 2015 und 2017.
Empirica macht für die steigende Blasengefahr in den Schrumpfungsregionen zum einen die Kaufpreis-Einkommens-Relation verantwortlich – der Zuwachs von 9,8 Prozent fiel im Vergleich mit dem zweiten Quartal 2020 ähnlich hoch aus wie in Wachstumsregionen (plus 10,1 Prozent). Auch der sogenannte „Vervielfältiger“ stieg in den Schrumpfungsregionen (plus 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) jetzt fast so schnell wie in den Wachstumsregionen mit plus 7,2 Prozent.
Zum anderen stecken mit einem durchschnittlichen Vervielfältiger von 29,9 in den Kaufpreisen von Eigentumswohnungen in den Schrumpfungsregionen nach Berechnungen von Empirica mittlerweile schon fast so viele Jahresmieten wie zum Beispiel in der Großstadt Essen (30,4) und sogar mehr als in Dortmund (28,1). Mit 5,2 regionalen Jahreseinkommen sind die Wohnungen allerdings in den Schrumpfungsregionen immer noch preiswerter als in Essen (7,4) und Dortmund (7,1).
Zudem führt Empirica die beschriebene Blasen-Entwicklung in den Schrumpfungsregionen auf die schnell steigenden Kredite zurück. Der Einzelindex „Baukredite“ sei vor der Coronakrise noch unauffällig gewesen, werde aber allmählich zum dritten „Sorgenkind“, heißt es in dem Bericht.
„Eher hohe“ Blasengefahr in elf von zwölf Großstädten
Auch bundesweit steigt im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal vor allem der Teilindex „Baukredite“ (um plus neun Punkte). Bei den Teilindices „Vervielfältiger“ (plus zwei Punkte) und „Preis-Einkommen“ (plus drei Punkte) ergeben sich keine Veränderungen. Damit indiziert Empirica weiterhin für elf von zwölf Großstädten eine „eher hohe“ Blasengefahr (Vorquartal elf, vor drei Jahren neun), darunter die sogenannten „Top 7“ Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.
Allein in Köln als eine der „Top 7“ ist die Gefahr weiterhin nur „mäßig“, weil hier zu wenig gebaut wird. „Köln baut trotz hohen Bedarfes nur halb so viel wie vergleichbare Städte und hat deswegen unnötig hohe Mieten, aber eben eine geringere Blasengefahr“, schreibt Empirica.
Das Rückschlagpotenzial, das im Empirica-Index die relative Preiskluft zwischen Kaufpreisen für Eigentumswohnungen und Mieten beschreibt, liegt bundesweit bei 30 Prozent (vor drei Jahren bei 15 Prozent), in den „Top 7“-Städten bei 47 Prozent (vor drei Jahren bei 32 Prozent). Begünstigt wird ein Einbruch durch nachlassenden Mietanstieg: mehr Neubau, Stadtflucht oder mehr Arbeitslosigkeit. Unwahrscheinlicher würde ein Einbruch durch sinkende Zinsen oder steigende Einkommen.
Quelle: Haufe Online Redaktion