Im vergangenen Jahr waren die Preise am Wohnimmobilienmarkt aufgrund der stark steigenden Bauzinsen erstmals wieder gefallen – nach Jahren des Anstiegs. Nun sinken die Preise kaum noch. Aber die Zinsen bleiben dennoch hoch.
Nachdem die Immobilienpreise zwischen 2009 und 2021 nur eine Richtung nach oben kannten, kam der Boom am Wohneigentumsmarkt mit der Zins-Kehrtwende der EZB im vergangenen Jahr jäh zum Stillstand. Erstmals sanken die Preise am Markt wieder. Doch nach den spürbaren Rückgängen sinken die Preise für Wohnimmobilien nun kaum noch.
Das zeigen unter anderem neue Zahlen des Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp). So verbilligten sich Wohnungen und Häuser im zweiten Quartal lediglich um 0,9 Prozent gemessen am ersten Quartal. Verglichen mit dem Vorjahresquartal stand im Schnitt aber ein Minus von 5,4 Prozent, berichtete der Verband. „Die Abwärtsdynamik der Immobilienpreise hat merklich nachgelassen“, hieß es dazu.
Pfandbriefbanken: Stabilisierung zeichnet sich ab
Bei selbst genutztem Wohneigentum fielen die Preise danach im zweiten Quartal nur noch leicht um 0,4 Prozent zum Vorquartal, während die Abschläge bei Mehrfamilienhäusern etwas größer waren. „Es zeichnet sich eine Stabilisierung am Wohnimmobilienmarkt ab“, sagte vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. Ein Grund sei, dass sich die Bauzinsen zuletzt auf erhöhtem Niveau eingependelt hätten. „Im Markt steigt das Vertrauen, dass die langfristigen Kreditzinsen nicht viel weiter steigen.“
Insgesamt habe die Dynamik beim Preisrückgang im ersten Halbjahr abgenommen, konstatierte auch der Baufinanzierer Interhyp. „Im Gesamtjahr 2022 sind die Durchschnittspreise um 7,5 Prozent gesunken. Im ersten Halbjahr 2023 nur noch um 3,2 Prozent“, so Interhyp-Chef Jörg Utecht. Laut dem Baufinanzierer sind die Immobilienpreise zwischen April und Juni nahezu unverändert geblieben im Vergleich zum ersten Quartal.
Preise für Häuser in Städten steigen wieder
Auch der Greix-Immobilienpreisindex des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeigt für das zweite Quartal eine Stabilierung der Immobilienpreise. Der „German Real Estate Index“ misst dabei die 18 größten Städte Deutschlands. Für das zweite Quartal hat der Greix Unterschiede zwischen Eigentumswohnungen und Ein- oder Mehrfamilienhäuser ausgemacht: So sind die Preise für Eigentumswohnungen im zweiten Viertel des Jahres im Vergleich zum ersten zwar noch geringfügig um 0,3 Prozent gefallen; die Preise für Ein- und Mehrfamilienhäuser stiegen dagegen aber um jeweils 2,4 und 1,8 Prozent.
Die jüngsten Zahlen des Greix zeigten, dass sich der Preisrückgang am Immobilienmarkt abflache und regional die Preise sogar bereits wieder zulegen, sagte Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, zu den Zahlen. Ob bereits eine Trendwende hin zu wieder steigenden Preisen eingeläutet sei, bleibe aber abzuwarten. „Nach einem historisch so ungewöhnlich starken und schnellen Preisverfall, wie wir ihn gesehen haben, ist eine Phase der Gegenbewegung durchaus normal, der abermalige Preisrückgänge folgen könnten.“
Preisverfall Folge des Zinsanstiegs
Hauptgrund für den jüngsten Preisverfall bei Immobilien sind stark gestiegene Kreditzinsen, die Finanzierungen teurer machen. Derzeit werden für eine zehnjährige Zinsbindung Bauzinsen von mehr als drei Prozent fällig. Zum Vergleich: Noch vor 2022 boten Banken Hypothekenkredite von einem Prozent an.
Im ersten Quartal hatten sich Häuser und Wohnungen laut Statistischem Bundesamt im Schnitt noch um 6,8 Prozent zum Vorjahresquartal verbilligt und um 3,1 Prozent zum Vorquartal. Offizielle Daten für das zweite Quartal stehen noch aus.
Höchste Preisrückgänge in Frankfurt und München
In den sieben Großstädten sanken die Wohnimmobilienpreise laut der Studie der Pfandbriefbanken im Mittel nun um 1,1 Prozent zum Vorquartal und um fünf Prozent im Jahresvergleich. Die geringsten Abschläge gab es im in Berlin mit minus 3,6 Prozent binnen Jahresfrist. Die höchsten Preisrückgänge verzeichneten Frankfurt (minus 9,1 Prozent), München (minus 6,7) und Hamburg (minus 6,4). Einzig in Düsseldorf stiegen die Preise minimal (plus 0,1).
Der Index des vdp basiert auf Daten zu Immobilientransaktionen von mehr als 700 Banken und unterscheidet sich von Zahlen, die auf Inseraten beruhen. Beim Immobilienverkauf wird verhandelt und Abweichungen vom Angebotspreis sind üblich.
Mietpreise steigen kräftig
Indes setzt sich der Aufwärtsdruck am Mietmarkt fort, auf den viele Menschen notgedrungen ausweichen. Die Neuvertragsmieten stiegen im zweiten Quartal kräftig um 6,2 Prozent zum Vorjahresquartal. „Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen hoch“, sagte Tolckmitt. An der Spitze der Metropolen stand Berlin mit einem Plus von 9,5 Prozent binnen Jahresfrist.
Bei Gewerbeimmobilien fielen die Preisrückgänge nach vdp-Berechnung erneut besonders groß aus mit minus 10,3 Prozent zum Vorjahresquartal und minus zwei Prozent zum Vorquartal. Während der Trend zum Homeoffice Büroimmobilien belastet, leidet der Einzelhandel unter Online-Shopping und Konsumzurückhaltung in der Inflation.
Quelle: tagesschau