Sind Häuser und Wohnungen in Deutschland überbewertet? Der Internationale Währungsfonds sieht dafür in manchen Großstädten klare Anzeichen. Vor allem vier größere Städte sind betroffen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor Preisblasen in deutschen Großstädten und fordert deren verstärkte Überwachung. Nach Analysen von IWF-Mitarbeitern seien die „Hauspreise in Deutschlands größten Städten schneller gestiegen, als durch Nachfrage und Fundamentaldaten erklärt werden kann“, heißt es im jährlichen Bericht zur Bundesrepublik, der am Donnerstag veröffentlicht wird und der dem SPIEGEL vorab vorlag.
Deutschlandweit gesehen biete die Preisentwicklung keinen Anlass für Alarm, schreiben die Autoren. Anders sehe es jedoch in einzelnen Metropolen aus. Hier hätten sich die Kaufpreise ungewöhnlich stark erhöht – sowohl im Verhältnis zu anderen Kennzahlen wie Einkommen oder Mieten, als auch im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten.
Am stärksten überbewertet sind die Preise laut IWF in München.
– In der bayerischen Landeshauptstadt hätten sie 2017 um 46 Prozent über dem Niveau gelegen, das aufgrund von Fundamentaldaten zu erwarten wäre.
– Es folgen Hannover, Hamburg und Frankfurt, wo die Abweichung 25 bis 30 Prozent betrug.
– In Stuttgart und Düsseldorf gebe es eine Überbewertung von 10 bis 15 Prozent, allerdings scheine dieser Trend im vergangenen Jahr unterbrochen worden zu sein.
Befeuert werden die Preise laut IWF durch steigende Einkommen, verstärkte Einwanderung und niedrige Zinsen. Zugleich bleibe das Angebot durch vergleichsweise strenge Vorschriften (etwa zum Umweltschutz) und eine zunehmende Auslastung des Bausektors beschränkt.
Der IWF beruft sich unter anderem auf Berechnungen der Bundesbank. Sie kam bereits im Februar zu dem Schluss, dass es in manchen Großstädten „Preisabweichungen“ von bis zu 35 Prozent gibt. Die Bundesbank hält die damit verbundenen Risiken jedoch bislang für eher gering.
Nach Ansicht der IWF-Experten sind die bislang verfügbaren Daten aber unzureichend, um die Lage einzuschätzen. Demnach verhindern „Datenlücken eine vollständige Bewertung der Risken für die finanzielle Stabilität im Immobiliensektor und sollten dringend angegangen werden“. So gebe es zu wenig Informationen über regionale Unterschiede bei der Kreditvergabe, die „Inseln der Verletzbarkeit“ schaffen könnten.
Mahnung zu mehr Investitionen
Insgesamt stellt der Bericht Deutschland ein gutes Zeugnis aus: „Deutschlands Wirtschaftsleistung war 2017 stark und wurde von solider Binnennachfrage und einer Erholung der Exporte in der zweiten Jahreshälfte gestützt.“ Allerdings gebe es kurzfristig erhebliche Risiken, zu denen eine Zunahme des globalen Protektionismus, ein harter Brexit oder eine Rückkehr der Eurokrise zählten.
Der IWF mahnt die Bundesregierung auch zu mehr eigenen Investitionen. Trotz einer geplanten Ausweitung durch die Große Koalition schienen diese „unter denen anderer entwickelter Volkswirtschaften zu liegen“, heißt es in dem Bericht. Die geplante Ausweitung der Ganztagesbetreuung begrüßen die IWF-Experten als „willkommenen und wichtigen Schritt“.
Im Bundesfinanzministerium treffen die Appelle auf begrenzte Gegenliebe. Dem Bericht zufolge teilte man dort zwar die Meinung, dass weitere Investitionen sinnvoll sind und auch durch Bürokratieabbau auf kommunaler Ebene erreicht werden sollen. Zugleich wurde dem IWF aber mitgeteilt, dass die Bundesregierung finanzpolitisch aufgrund der „schwarzen Null“ und der Schuldenbremse keine zusätzlichen Spielräume sehe.
Quelle: Spiegel Online