Baugeld hat sich zuletzt leicht verteuert, die Bauzinsen für Immobilien dürften nach Einschätzung vieler Marktexperten sogar noch weiter steigen. Was Hauskäufer und Bauherren jetzt tun können
Grundstücke und Wohnraum sind knapp, die Immobilienpreise hoch – Häuslebauer und Immobilienkäufer haben es gerade nicht leicht. Nur auf eines konnten sie sich bisher verlassen: Geld von der Bank ist billig. Doch auch dieses Blatt könnte sich bald wenden. Die Bauzinsen sind seit Ende Februar jedenfalls so stark gestiegen wie lange nicht mehr. Die Zinsen für Baugeld mit zehn Jahren Laufzeit liegen derzeit bei 0,77 Prozent. Um den Jahreswechsel herum hatten sie noch bei 0,65 Prozent gelegen.
Experten sehen Anzeichen dafür, dass die Kreditkosten weiter in die Höhe klettern könnten. Vor allem die steigende Inflationserwartung macht ihnen Sorgen: Wegen der nationalen und europäischen Konjunkturprogramme zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) könnte die Inflation bald anziehen. In der Folge würden auch die Renditen deutscher Staatsanleihen steigen. Das Problem daran: Die Rendite von Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist direkt mit den Bauzinsen gekoppelt.
Die meisten Experten erwarten steigende Bauzinsen
Ein Blick in die Daten scheint die Prognosen zu bestätigen. Zuletzt stieg die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen, nach einem langen Tief, deutlich an – auf ein Niveau, das zuletzt im Juni 2020 zu sehen gewesen war. Die Bauzinsen könnten nun nachziehen. „Ich rechne damit, dass die sie im zweiten Halbjahr auf bis zu 1,25 Prozent steigen“, sagt Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung in Frankfurt. Er ist sich sicher: „So bald werden die Zinsen das niedrige Niveau von vor einigen Monaten nicht mehr erreichen.“
Mit seiner Meinung steht Herbst nicht allein da. Die Hälfte aller befragten Finanzexperten des aktuellen Interhyp-Bauzins-Trendbarometers rechnet damit, dass die Zinsen in den kommenden sechs bis zwölf Monaten steigen werden. Michael Neumann, Vorstand beim Immobilienkreditspezialisten Dr. Klein, ist dagegen verhaltener: Zwar will er einen leichten Anstieg der Bauzinsen im zweiten Halbjahr nicht ausschließen. Er rechnet aber nicht damit, dass die Realzinsen steigen, und erst das würde die Anleiherenditen und damit auch die Bauzinsen deutlich anziehen lassen. „Wenn die Inflation zunimmt, steigen die Zinsen – diese Logik war einmal. Durch Anleihekäufe manipuliert die EZB den Markt und mildert die eigentlich folgerichtige Zinsentwicklung künstlich ab oder verhindert sie gleich ganz“, sagt Neumann.
Alternative Forward-Darlehen
Wer im laufenden Jahr einen Immobilienkredit aufnehmen will, sollte jetzt so oder so nicht in Panik verfallen, sagt FMH-Chef Herbst. Selbst ein Zinsanstieg auf 1,25 Prozent im Jahresverlauf sei immer noch moderat. „Wer sich diese etwas höheren Zinsen nicht leisten kann, sollte es mit dem Baukredit vielleicht lieber sein lassen“, sagt Herbst.
Für Hausbesitzer, die vor einigen Jahren einen Baukredit zu sehr günstigen Konditionen abgeschlossen haben und bald eine Anschlussfinanzierung benötigen, könnte ein Zinsanstieg dagegen einen unerwarteten Kostensprung verursachen, den sie bei ihrer Finanzplanung möglicherweise nicht einkalkuliert haben. In solchen Fällen kann ein Forward-Darlehen eine gute Alternative zum klassischen Anschlusskredit sein. Damit versichern sich Kreditnehmer gegen das Risiko steigender Zinsen: Schon fünf Jahre, bevor die laufende Zinsbindung endet, können sie mit ihrer Bank gegen einen Aufschlag den aktuellen Zins für die Anschlussfinanzierung festschreiben. Ob sich das lohnt, hängt davon ab, ob die Zinsen tatsächlich erwartungsgemäß steigen. Herbst hält Forward-Darlehen jetzt für eine gute Idee: „Sie sind gerade sehr günstig. Sowohl die Zinsen als auch die Forward-Aufschläge liegen sehr tief“, sagt er. „Und die Bauzinsen dürften vom aktuellen Niveau aus weiter steigen.“
Quelle: Capital