Fr, 31.08.2018
Keine Immobilien mehr an Ausländer? So einfach ist das nicht

– Um die Steigerung der Mietpreise einzudämmen, erwägt der Berliner Senat, ausländische Investoren vom Wohnungsmarkt auszusperren.
– „Wir überlegen das. Der Finanzsenator erarbeitet gerade Vorschläge, wie man Spekulation mit Wohnraum verhindern kann“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).
– Experten weisen jedoch darauf hin, dass keiner weiß, wie viele Wohnungen Ausländern gehören. Und sie bezweifeln, dass ein solches Verbot praktisch umsetzbar ist.

Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern ist erst seit knapp einem Jahr im Amt, doch sie hat schon weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt: Ausländern ist es künftig verboten, bestehende Immobilien in Neuseeland zu kaufen. Ardern will damit ein großes Problem in den Griff bekommen: Immobilien werden in ihrem Land immer knapper; die Mieten steigen immer weiter.
Offenbar hat sich das Beispiel Neuseelands bis Berlin herumgesprochen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigt jedenfalls Sympathie für den Vorstoß. „Wir überlegen das auch“, sagte er der FAZ. „Der Finanzsenator erarbeitet gerade Vorschläge, wie man Spekulation mit Wohnraum verhindern kann.“
Der Bürgermeister traf damit einen wunden Punkt, schließlich haben in seiner Stadt die Preise für Immobilien seit 2008 um 104 Prozent angezogen. „Berlin ist heute doppelt so teuer wie vor zehn Jahren“, meldet das Internetportal Immowelt.de. In keiner deutschen Stadt gab es einen solchen Immobilienboom, mit schwerwiegenden Folgen für die Einwohner: Wohneigentum können sich inzwischen nur noch sehr Reiche leisten, und für Durchschnittsverdiener steigen die Mieten in grenzwertige Höhen. Warum den Spekulanten also nicht die Grenzen aufzeigen und eine Art neue Berliner Mauer errichten?

„Die Unterscheidung, wer gut ist und wer böse, ist unglaublich schwierig“
Wenn es nur so einfach wäre. Müller erntete für seine zwei knappen Sätze am Montag jedenfalls viel Kopfschütteln und Ablehnung von fast allen Seiten. Für seinen Vorstoß fehlt nämlich zum einen jede statistische Grundlage, obendrein ließe er sich praktisch nicht durchsetzen.

„Das Thema kommt weitgehend aus dem luftleeren Raum“, sagt Claus Michelsen, Immobilienexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Es gebe keine Statistik, wie der Immobilienbesitz in Deutschland zwischen In- und Ausländern verteilt ist. Man wisse nichts über die Nationalität der Käufer und vor allem nicht, wo sie wohnen.

Das bestätigen auch Nachfragen beim Immobilienverband Deutschland, beim Statistischen Bundesamt, beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg und bei der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Nirgendwo gibt es entsprechende Daten.

„Das Thema hat daher nur anekdotische oder gefühlte Evidenz“, sagt Michelsen. Doch selbst wenn die Daten vorhanden wären, ließe sich der Vorstoß nicht umsetzen. „Es geht ja in erster Linie darum, was ein Investor mit seinem Eigentum tut“, sagt Michelsen. Es gebe durchaus große Investoren aus dem Ausland, die ihr Geld auf dem deutschen Immobilienmarkt anlegen wollen und nicht vor allem auf Rendite oder Mieterhöhungen aus sind. „Die Unterscheidung, wer gut ist und wer böse“, sei „unglaublich schwierig.“

Ein anderes Problem: Die größten Wohnungskonzerne in Deutschland, Vonovia und Deutsche Wohnen, sind an der Börse notiert. Immer wieder sichern sich Hedgefonds größere Aktienpakete. Um dies zu verhindern, müsste also auch der Aktienbesitz dieser Konzerne kontrolliert werden.

Quelle: Stuttgarter Zeitung