In den meisten deutschen Großstädten wird überdurchschnittlich gut verdient, dafür sind die Mieten dort oft extrem hoch – die Kluft zwischen Einkommen und Wohnkosten ist breiter geworden. Eine abflachende Mietpreisdynamik könnte das weitere Auseinanderdriften nun stoppen, analysiert Immowelt.
Die Tendenz ist seit Jahren zu beobachten: Die Mieten in vielen deutschen Großstädten sind dem verfügbaren Einkommen der Haushalte enteilt, wie eine Analyse von Immowelt zeigt. Verglichen wurden die Angebotsmieten (kalt) mit der durchschnittlichen Kaufkraft pro Kopf in Stadtkreisen mit mehr 500.000 Einwohnern sowie mit der Kaufkraft in den reichsten Stadt- und Landkreisen. Die Vergleichsdaten zur Kaufkraft pro Einwohner stammen aus einer 2021 veröffentlichten Mitteilung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Wo die Kluft zwischen Kaufkraft und Mieten besonders groß ist
Die größte Diskrepanz zwischen Kaufkraft und Mieten hat Immowelt in München ausgemacht: Pro Kopf beträgt hier die jährliche Kaufkraft 32.364 Euro – das sind 30 Prozent mehr als im deutschen Durchschnitt (24.807 Euro). Gleichzeitig müssen die Münchner mit deutlich höheren Ausgaben für die Miete rechnen. Der Quadratmeterpreis für eine Wohnung liegt bei Neuvermietung im Median bei 18 Euro – 128 Prozent über dem Bundesmittel (7,90 Euro).
Auch in Frankfurt am Main ist die Schere zwischen Kaufkraft und Mieten weit aufgegangen. Das verfügbare Einkommen pro Einwohner liegt bei 27.457 Euro und damit elf Prozent über dem Deutschlandwert – die Wohnungsmieten von 13,60 Euro pro Quadratmeter liegen allerdings 72 Prozent darüber. In Stuttgart ist Immowelt zufolge mit 13,60 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter bei ähnlicher Kaufkraft das Verhältnis gleich.
Auch in Köln hält die Kaufkraft nicht mehr mit den Wohnkosten Schritt: Während das verfügbare Einkommen den Deutschlandschnitt um fünf Prozent übersteigt, liegen die Mietpreise bei Neuvermietung 48 Prozent darüber. Somit müssen die Kölner von den 26.119 Euro, die ihnen pro Kopf zur Verfügung stehen, bei Mieten von 11,70 Euro pro Quadratmeter einen erheblichen Teil für das Wohnen ausgegeben.
Unterdurchschnittliche Kaufkraft in Berlin
In Berlin klaffen Angebotsmieten und Kaufkraft ebenfalls weit auseinander. Mieter zahlen dort im Median 10,60 Euro pro Quadratmeter – das sind 34 Prozent mehr als der deutsche Durchschnitt. Im Gegensatz zu den Bewohnern anderer deutscher Millionenstädte verfügen die Berliner aber nur über ein unterdurchschnittliches Einkommen. Mit 23.088 Euro pro Kopf liegt die Kaufkraft in der Hauptstadt sieben Prozent unter dem Bundesmittel.
Nach Angaben von Immowelt gibt es aber auch Großstädte, in denen das Verhältnis zwischen Kaufkraft und Wohnkosten ausgeglichen ist. Zum Beispiel in Leipzig und in Essen zahlen Mieter bei Neuvermietung im Median weniger als acht Euro pro Quadratmeter. In Essen liegt die Miete damit vier Prozent unter dem deutschlandweiten Wert, das verfügbare Einkommen jedoch fünf Prozent darunter. In Leipzig liegen Kaufkraft und Mietpreise elf Prozent unter dem Bundesschnitt.
Mieten enteilen Einkommen auch im Umfeld von Metropolen
Die Strahlkraft der besonders teuren Großstädte reicht Immowelt zufolge bis ins Umland. Die Landkreise mit dem höchsten verfügbaren Einkommen liegen alle in den Einzugsgebieten von München oder Frankfurt. Die Bewohner des reichsten Landkreises Starnberg besitzen pro Kopf 40 Prozent mehr Kaufkraft als der deutsche Durchschnitt – dafür müssen sie eine 82 Prozent höhere Miete (14,40 Euro) zahlen. Im Landkreis München selbst sind die Mietpreise mit 15,30 Euro pro Quadratmeter noch teurer und liegen 94 Prozent über dem Deutschlandmittel. Die Kaufkraft übertrifft dort den Bundesdurchschnitt aber nur um 35 Prozent.
Der drittreichste Landkreis Deutschland befindet sich im Raum Frankfurt am Main – im Hochtaunuskreis ist das verfügbare Einkommen 30 Prozent höher als deutschlandweit, doch machen sich die teuren Preise der Metropole bemerkbar: Wohnungen werden bei Neuvermietung inzwischen für 11,30 Euro pro Quadratmeter angeboten, das sind 43 Prozent mehr als im Bundesmittel, berichtet Immowelt.
Bald Schluß mit Schere „Mieten und Einkommen“?
Immowelt geht davon aus, dass ein weiteres Auseinanderdriften von Wohnkosten und Kaufkraft durch die zuletzt nachlassende Mietpreisdynamik verhindert werden könnte. Zwar haben sich die Angebotsmieten in den meisten deutschen Großstädten von 2020 auf 2021 noch einmal verteuert, allerdings fallen die Anstiege geringer aus als in den vergangenen Jahren. „Besonders in teuren Großstädten wie München, Frankfurt oder Stuttgart flacht die Preiskurve deutlich ab“, heißt es in der Analyse abschließend.
Quelle: Haufe Online Redaktion