Steigende Zinsen und Baustoffpreise haben den Hauskauf stark verteuert. Doch langsam wendet sich das Blatt. Bis das Eigenheim aber wieder bezahlbar ist, müssen Sie noch Geduld mitbringen.
Der Hauskauf wird seit Jahren nur eines: immer teurer. In der Niedrigzinsphase der Europäischen Zentralbank (EZB) nach der Finanzkrise zogen die Preise an. Von 2014 bis 2022 verdoppelten sich die Kaufpreise für alle Arten von Wohnhäusern nahezu. Besonders in den deutschen Großstädten ging es nach oben. Wer in München nach einer annehmbar großen 100-Quadratmeter-Wohnung für sich und seine Familie sucht, muss bereits Millionär sein. Die anderen Top-Städte des Landes – Berlin, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Düsseldorf – liegen nicht weit dahinter.
Die gute Nachricht ist, dass die Kaufpreise in diesem Jahr tatsächlich fallen. Laut dem Europace Hauspreisindex EPX ging es deutschlandweit von Juni 2022 bis August dieses Jahres um 6,7 Prozent im Schnitt nach unten. Die Entwicklung stoppt dabei bisher nicht. Vom zweiten auf das dritte Quartal sanken die Preise in 13 der 14 größten deutschen Städte nach Angaben des Portals Immowelt. In München waren Wohnungen demnach Ende September 1,2 Prozent günstiger als Ende Juni, in Hamburg 1,3 Prozent und in Frankfurt sogar 2,2 Prozent. Lediglich in Bremen stiegen die Preise.
Das hilft Hauskäufern aber reichlich wenig, denn die bisherigen Rückgänge bei den Preisen werden durch die gestiegenen Zinsen überkompensiert. Ließen sich Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung vor der Corona-Krise nach Daten des Baufinanzierers Interhyp noch mit durchschnittlich 1,0 Prozent Zinsen finanzieren, sind es mittlerweile 4,2 Prozent. Das hat enorme Auswirkungen auf den Hauskauf. Ein Rechenbeispiel: Eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro inklusive Nebenkosten ließ sich bei typischen 20 Prozent Eigenkapital vor dem Zinsanstieg mit einer Monatsrate von 1200 Euro in rund 23 Jahren abbezahlen. Gesamtkosten inklusive Zinsen: 540.165 Euro. Heute, mit 6,7 Prozent geringerem Kaufpreis, aber dafür 4,2 Prozent Zinsen braucht es schon 1800 Euro Monatsrate, um das Haus zumindest in knapp 29 Jahren abzubezahlen. Gesamtkosten inklusive Zinsen: 679.379 Euro – ein Aufschlag von rund 26 Prozent.
Preise für Neubauten steigen weiter
Es gibt noch einen weiteren Haken: Zwar sinken die Kaufpreise im Schnitt, aber das gilt nur für Bestandsimmobilien und Eigentumswohnungen. Die Kosten für Neubauten steigen weiter an. Sie legten im EPX seit Juni 2022 um rund 0,6 Prozent zu. Verantwortlich dafür sind vor allem die gestiegenen Baukosten. Erstens sind viele Materialien wie Beton und Zement wegen der Energiekrise und weltweiter Lieferschwierigkeiten im Preis gestiegen, zweitens gilt dasselbe für Handwerkerleistungen, weil die Fachbetriebe zuletzt ausgebucht waren.
Zusammenfassend sind es also gestiegene Zinsen, teurere Baumaterialien und ein Engpass bei Handwerkern, die den Hauskauf für Sie in den vergangenen Jahren verteuert haben. Die gute Nachricht: Alle drei Entwicklungen könnten Ihren Höhepunkt erreicht haben.
Warum der Hauskauf günstiger wird
So erwarten Ökonomen von der EZB aktuell eine Zinspause, also zumindest keine weiteren Erhöhungen des Leitzinses. Bis es wieder nach unten geht, wird es aber noch dauern. Für Oktober 2024 wird mit einem allgemeinen Abfall des Zinsniveaus um 0,6 Prozent gerechnet, wenn man heutige Forward Rates betrachtet, mit denen Anleger auf künftige Zinsen spekulieren. Erst 2025 dürften die Raten dann wieder auf rund 3 Prozent fallen. Das macht den Hauskauf günstiger als heute, aber immer noch teurer als vor der Krise. In unserem Rechenbeispiel könnten Sie bei 3,0 Prozent Zinsen auf 1500 Euro Monatsrate heruntergehen, hätten Ihr Haus in 27 Jahren abbezahlt und würden insgesamt 619.354 Euro zahlen – weniger als heute, aber immer noch 15 Prozent mehr als mit 1,0 Prozent Zinsen.
Zudem dürften mit sinkenden Zinsen die Hauspreise wieder anziehen, denn das Grundproblem, dass gerade in Großstädten die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot weit übersteigt, bleibt bestehen. Grund dafür ist, dass in der aktuellen Krise kaum gebaut wird. Statt 400.000 Wohnungen wie geplant, könnte dieses Jahr nur gut die Hälfte entstehen. In so einem Fall gehen die Preise normalerweise nach oben. Die steigenden Zinsen sind dafür aktuell der einzige bremsende Faktor.
Etwas entspannen könnte sich die Lage aber bei Neubauten. Erstens sind Baumaterialien wieder stärker verfügbar als noch vor einigen Monaten. „Im Moment sind Baumaterialien sehr einfach zu bekommen“, sagt der Bundesverband Baustoffe gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) . Der Vermieterverband Haus & Grund bestätigt diese Einschätzung. Für viele Dinge, etwa Flachglas, Dachlatten und Eisen- und Stahldrähte, sinken die Preise zudem stark.
Zweitens sind auch die Warteschlangen bei Handwerkern geringer geworden. Das ist Fluch und Segen zugleich. Es bedeutet zwar, dass Sie je nach Region einfacher an Termine kommen, aber das ist eben nur so, weil derzeit so wenig gebaut wird, was wiederum die Kaufpreise an sich nach oben treiben wird.
Wer also den Wunsch nach einem Eigenheim verspürt, der sollte lieber noch abwarten, bis sich die Lage bei Zinsen, Baustoffen und Handwerkern weiter entspannt. Derzeit geht der Trend in allen drei Kategorien in Richtung günstigerer Preise. Wie weit diese fallen werden, ist noch nicht ersichtlich. Der beste Moment könnte also gekommen sein, wenn sich die aktuelle Entwicklung wieder umkehrt.
Quelle: FOCUS online