Die Energiepreise gehen durch die Decke, der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation. Nun hat die Ampel-Koalition ein Maßnahmenpaket beschlossen. Das enthält neben Entlastungen auch Verbote. Das Aus für Gasheizungen kommt früher – und es soll eine Wärmepumpen-Offensive gestartet werden.
Neben Entlastungen für Verbraucher wegen der stark steigenden Energiepreise hat sich die Bundesregierung auch auf Maßnahmen für mehr Energieeffizienz geeinigt. Die sollen dazu beitragen, die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland wegen der Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine zu verringern. Die Details haben Finanzminister Christian Lindner (FDP) und die Spitzen der Koalition am 24. März verkündet.
Früherer „Ausstieg aus der Gasheizung“
Ab dem Jahr 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, so der Beschluss der Regierungsparteien. Im Koalitionsvertrag war das bisher zum 1.1.2025 vorgesehen. Geplant ist auch, dass „der Rahmen dafür geschaffen“ wird, dass Immobilieneigentümer Heizungsanlagen, die älter als 20 Jahre sind, austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive gestartet werden.
Von einem „Ausstieg aus der Gasheizung“, sprach Grünen-Chefin Ricarda Lang. Sie sieht die Maßnahmen als „energiepolitische Unabhängigkeitserklärung“. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte im Vorfeld der Beratungen Gasheizungen als „Auslaufmodell“ bezeichnet und mehr Anstrengungen beim Energiesparen als Bedingung für ein Entlastungspaket genannt.
Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, kritisierte die Pläne. Um Niedertemperaturheizungen wie Wärmepumpen ökonomisch und ökologisch sinnvoll zu betreiben, brauche man Flächenheizkörper wie eine Fußbodenheizung. „Es bleibt also nicht beim Austausch der Heizung, sondern weitere bauliche Maßnahmen und Investitionen sind faktisch zwingend ebenso erforderlich. Das macht das Bauen und letztlich das Wohnen und Mieten teuer“, so Luczak.
KfW-Effizienzhaus-55 ab Januar 2023
Beim Wohnungsneubau habe der Koalitionsausschuss den falschen Weg beschritten, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Das KfW-Effizienzhaus-55 soll ungefördert nun schon ab dem 1.1.2023 Standard für den Neubau werden. „Das ist das Gegenteil von Hilfe für den bezahlbaren Wohnungsbau – und das Gegenteil von notwendigem Schub für mehr Wohnungsbau insgesamt“. Statt höchster Effizienzvorgaben müssten – auch beim Wohnungsneubau – die Standards mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis gefördert werden.
„Das Effizienzhaus 55 als Mindeststandard bereits im Jahr 2023 vorzuschreiben, wird das Bauen sehr schnell sehr viel teurer machen“, glaubt auch Luczak. Anders als die Ampel behaupte, sei die Realität der Baustellen weit davon entfernt, dass dies bereits Marktstandard wäre. „Es bleibt eine beträchtliche Wirtschaftlichkeitslücke, die die Ampel ganz offenbar nicht mit Förderprogrammen schließen will.“
Traum von Mieterstrom-Liberalisierung geplatzt?
Enttäuscht zeigte sich auch Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), vom sogenannten Entlastungspaket der Regierungskoalition. „Statt endlich die Wiederaufnahme der Neubauförderung oder die lange überfällige Liberalisierung des Mieterstroms zu verkünden, geht es wieder nur um schärfere Gebäudestandards und das Verbot von Gasheizungen, das jetzt noch früher kommen soll. Wo ist da die Entlastung?“, fragte Ibel. Es werde dringend mehr Wohnraum gebraucht, gleichzeitig vervielfachten sich Materialkosten – und in dieser Situation verschärfe die Bundesregierung die Neubaustandards. „Und wie sollen die ganzen Bestandsgebäude, allen voran die denkmalgeschützten, ab 2024 mit Wärmepumpen geheizt werden?“
Beim Mieterstrom wäre ein großer Wurf mit radikalen Vereinfachungen notwendig, forderte GdW-Verbandschef Gedaschko. Mieterstrom müsse durch die Wohnungsunternehmen und die Mieter endlich auf einfache Weise nutzbar werden, damit die Energiewende beim Wohnen als Gemeinschaftsprojekt funktionieren könne. „Genauso einfach, wie bislang Wärme durch Ölheizungen in den Häusern produziert wurde, muss der Strom nun im Quartier über Nebenstraßen hinweg direkt an die Verbraucher geliefert, gespeichert und auch für E-Mobilität genutzt werden können“, so Gedaschko weiter, – ohne, dass ein Wohnungsunternehmen zum Energieversorger mit all den dazugehörigen Pflichten werde.
CO2-Reduktion als Zielwert
Maria Hill, Vorsitzende des Ausschusses Energie und Gebäudetechnik des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), fand in dem Maßnahmenpaket zum Umgang mit den hohen Energiekosten gewisse positive Aspekte. Durch die Ausrichtung der Bundesförderung auf die CO2-Reduktion als Zielwert können die Klimaziele effektiver, schneller und kostengünstiger erreicht werden.
Hill nannte insbesondere den verstärkten Fokus auf die Lebenszyklus-Betrachtung einen sinnvollen Schritt – auch im Hinblick auf die Regelungen der EU-Taxonomie. „Gleichwohl müssen hierfür die Rahmenbedingungen noch vereinheitlicht und in entsprechenden Regelwerken einheitlich festgelegt werden“, so die ZIA-Expertin. Statt einer gesetzlichen Pflicht könnte eine zusätzliche BEG-Förderung helfen.
Auch die Absicht, bei der Fernwärme für 2030 einen Anteil von mindestens 50 Prozent klimaneutraler Wärme zu erreichen, sei positiv hervorzuheben, wenngleich die Versorgungssicherheit hier oberste Priorität haben sollte.
Entlastungspaket: Klimageld und Energiepreispauschale
Die Koalition hatte sich im Februar 2022 vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine bereits auf ein erstes Entlastungspaket geeinigt. Dieses sieht unter anderem vor, dass die milliardenschwere EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli 2022 gestrichen wird. Das war zunächst erst für Anfang 2023 geplant.
Die damals beschlossene Einmalzahlung von 100 Euro für Empfänger von Sozialleistungen soll noch einmal um 100 Euro pro Person erhöht werden. Zum 1.1.2023 werden zusätzlich die Regelbedarfe an die hohen Preissteigerungen bei Gas und Öl angepasst werden. Um in Zukunft Direktzahlungen zu vereinfachen, will die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für ein Klimageld entwickeln.
Zu den im zweiten Entlastungspaket beschlossenen Maßnahmen gehört unter anderem auch noch eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die allen Arbeitnehmern vom Arbeitgeber ausgezahlt werden soll.
Quelle: Haufe Online Redaktion