Einen Bundesdeckel für sechs Jahre und mehr öffentlichen Wohnungsbau für bezahlbare Mieten – das forderte die Initiative „Mietenstopp“ beim Gipfeltreffen in Bochum. Die Politik dürfe den Markt nicht überwiegend den Privaten überlassen. Proteste gegen Vonovia gab es auch.
Die bundesweite Mietenstopp-Kampagne – ein Bündnis aus Mieterinitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbänden, darunter der Deutsche Mieterbund (DMB) – hat bei ihrem Gipfeltreffen vom 22. bis 24. April in Bochum ihre zentrale Forderung bekräftigt, dass Mieten in angespannten Wohnungsmärkten für sechs Jahre eingefroren werden sollen. Beim Wohnungsbau müsse außerdem die öffentliche Hand viel stärker aktiv werden „und darf den Markt nicht überwiegend den Privaten überlassen“, sagte Matthias Weinzierl, ein Sprecher der Initiative. Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum sei Kern der sozialen Kämpfe der kommenden Jahre.
Die Teilnehmer des Mietenstopp-Gipfels besuchten außerdem die Kundgebung des „Aktionsbündnis Vonovia-Protest 2022“. Bochum ist der Hauptsitz von Deutschlands größtem Wohnungskonzern. Anlass für die Demonstration war die anstehende Hauptversammlung von Vonovia am 29. April.
DMB: Kappungsgrenze für Indexmieten
Das Bündnis verlangt, dass die Mietpreisbremse bei Wiedervermietungen von Wohnungen verschärft werden soll – im Koalitionsvertrag ist nur von einer Verlängerung die Rede. Bei Bestandsmieten sei ein Mietenstopp für sechs Jahre in angespannten Wohnungsmärkten die beste Lösung: Die Mieten sollen dann auf dem aktuellen Stand eingefroren werden – auch bei Index- und Staffelmietverträgen, so die Idee des Bündnisses.
DMB-Präsident Lukas Siebenkotten kritisierte angesichts der aktuellen Inflationsentwicklung, dass es für Indexmieten keine Kappungsgrenzen gibt. Bei solchen Verträgen richtet sich die Mietentwicklung nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes. Im März 2022 lagen die Verbraucherpreise 7,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Entsprechend seien bei den Indexmieten deutliche Erhöhungen zu erwarten, sagte Siebenkotten der Deutschen Presse-Agentur. Eine der Kappungsgrenze entsprechende Regelung wäre ein sinnvolles Mittel, um Mieter zu schützen.
Die von der Bundesregierung geplante Senkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen im Bestand von 15 auf elf Prozent ist laut Mietenstopp-Kampagne nicht ausreichend. Nach üblichen Mietverträgen darf die Miete derzeit maximal um 20 Prozent in drei Jahren steigen, in Städten mit Wohnungsmangel um 15 Prozent.
„Mietwucher-Paragraf“ scharf stellen
Eine weitere effektive Maßnahme, die schnell „scharf gestellt“ werden müsse, sei der sogenannte Mietwucher-Paragraf, so die Mietervertreter. Der Bundesrat hatte ein schärferes Vorgehen gegen „Mietpreisüberhöhung“ am 11.2.2022 beschlossen. Der Entwurf, der eine Änderung von § 5 WiStrG (Wirtschaftsstrafgesetz) vorsieht, liegt dem Parlament zur Beratung vor. Es ist der zweite Anlauf, nachdem der „alte“ Bundestag es nicht mehr geschafft hatte, das Gesetz zu behandeln. Wie Anfang April bekannt wurde, lehnt die Ampel-Koalition ein härteres Vorgehen gegen Mietwucher jedoch ab. Doch noch ist nichts beschlossen.
Wenn die Miete mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, sieht § 5 WiStrG eine Absenkung der Miete und ein Bußgeld für Vermieter vor. Im Koalitionsvertrag taucht das Thema nicht auf.
Mietendeckel-Aus und Mietenstopp-Kampagne
Nach dem formal verfassungsrechtlichen Aus für den Berliner Mietendeckel im April 2021 wurde der Ruf nach einem bundesweiten Deckel wieder lauter. Mehr als 120 Initiativen und Organisationen aus verschiedenen Bundesländern unterstützten im Bundestagswahlkampf im darauffolgenden September die damals neue Mietenstopp-Kampagne, die vom bayerischen Volksbegehren „Sechs Jahre Mietenstopp“ angeregt war.
Die Zulassung des bayerischen Begehrens scheiterte im Juli 2020 wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Der folgende Schritt vor das Bundesverfassungsgericht war ebenfalls erfolglos – die Karlsruher Richter wiesen am 2.2.2022 die Beschwerde der Initiatoren gegen das Urteil aus Bayern als unbegründet zurück und nahmen den Fall nicht zur Entscheidung an.
Der erste Mietenstopp-Gipfel fand im Oktober 2020 in Nürnberg statt. Beim zweiten Treffen im April 2022 in Bochum stand die Podiumsdiskussion „Faire Mieten – Fehlanzeige! Wie verhindern wir den System-Kollaps?“ im Mittelpunkt, an der auch DMB-Präsident Siebenkotten teilnahm. Er appellierte an SPD und Grüne, sich in der Bundesregierung gegen die FDP in Sachen Mieterschutz und Mietenstopp stärker durchzusetzen: „Was den Koalitionsvertrag betrifft, waren wir in diesem Feld sehr enttäuscht.“ Die beiden Parteien müssten an einem Strang ziehen und beim geplanten Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr vor allem die 100.000 öffentlich geförderten Mietwohnungen im Blick haben. Er verwies darauf, dass der Bund oder auch Firmen wieder Wohnungen für ihre Beschäftigten errichten könnten, wie es früher üblich war.
Quelle: Haufe Online Redaktion