Erstmals sind alle deutschen Kreise betroffen: Die Leerstandsquote am Wohnungsmarkt ist zuletzt bundesweit deutlich unter die Drei-Prozent-Marke gefallen, wie eine Studie von BNP Paribas Real Estate zeigt. Die Folge: Das Mietwachstum wird sich weiter beschleunigen.
Der stark rückläufige Leerstand in allen untersuchten 100 deutschen Städten und Kreisen auf unter drei Prozent spiegelt laut einer Analyse von BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt wider. In Kombination mit dem stagnierenden Neubau erwarten die Experten, dass sich das Mietwachstum in den kommenden Monaten und Jahren noch beschleunigen wird.
Wohnimmobilien: Mieten steigen stärker als Kaufpreise
Neben den gestiegenen Verbraucherpreisen hat im vergangenen Jahr vor allem der Anstieg der Baukosten und der Leitzinsen den dringend notwendigen Wohnungsbau gehemmt. Die Finanzierungskosten sind hoch. Einige Projekte müssen erst neu kalkuliert werden, verzögern sich oder werden aufgegeben. Die Refinanzierung ist ein schwieriger geworden, was zu Insolvenzen unter Projektentwicklern geführt hat. Laut BNPPRE-Analyse steckte der deutsche Wohnimmobilienmarkt auch 2023 noch in einer Konsolidierungsphase.
„In Anbetracht der nach wie vor hohen Preise für Eigentumswohnungen und eines sehr angespannten Mietwohnungsmarkts verteuerten sich 2023 erstmals seit vielen Jahren die Mieten stärker als die Eigentumswohnungspreise“, sagt Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. Das sei bezeichnend für die nach wie vor fundamental solide Nachfrageseite und die sehr geringen Neubauaktivitäten. „Auch 2024 ist ein stärker als bislang beobachteter Anstieg der Mieten zu erwarten“, so Meszelinsky weiter.
Weniger Fertigstellungen: Neubaulücke wächst bis 2027
Für 2023 zeichnet sich ein Rückgang der Baugenehmigungen auf rund 260.000 Wohnungen ab. Für 2024 zeigen die Berechnungen von BNP Paribas Real Estate einen Rückgang auf nur noch 200.000 Wohnungen an. Durch die sinkenden Baugenehmigungen befinden sich auch die Fertigstellungen – mit zeitlicher Verzögerung – im Sinkflug: Geschätzt wird in dem Report, dass bis zum Jahr 2026 nur noch 160.000 Wohnungen gebaut werden, bevor wieder eine Stabilisierung einsetzt. Die Neubaulücke dürfte bis 2027 weiter wachsen, heißt es da.
Der Trend geht aber zu steigender Wohnfläche pro Kopf und Haushalt, was neben dem Bevölkerungsanstieg den Nachfragedruck erhöhen wird. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Einwohner in Deutschland von 81,2 Millionen (2014) auf 84,4 Millionen Einwohner (2022) gewachsen. Zwischen 2021 und 2022 wurde ein Plus von rund 1,1 Millionen Einwohnern verzeichnet. Für 2023 rechnen die Studienautoren mit einem Zuwachs von rund 170.000 Einwohnern gegenüber 2022. Zwischen 2023 und 2030 dürfte sich die Bevölkerungszahl auf hohem Niveau bei rund 85 Millionen Einwohnern stabilisieren.
Leerstand in Mietwohnungen: Fluktuationsreserve aufgebraucht
Der Leerstand ist erstmals in allen Städten und Kreisen gesunken – bundesweit notierte die Leerstandsquote nach Berechnungen von BNP Paribas Real Estate zuletzt deutlich unter der Drei-Prozent-Marke und entfernt sich weiter aus dem Bereich der Fluktuationsreserve, die als Mindestmaß für einen funktionierenden Wohnungsmarkt gilt. Insbesondere in den Schwarmstädten ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage weiter deutlich unausgewogenen. Nach wie vor bestehen laut Studie jedoch deutliche regionale Unterschiede.
In Konsequenz aus hohem Nachfragedruck und sinkendem Angebot hat sich das Mietpreiswachstum bereits im Jahr 2023 beschleunigt – verzeichnet wurde der stärkste Anstieg der vergangenen Jahre: Gegenüber 2022 verteuerten sich die mittleren Angebotsmieten in den kreisfreien Städten um durchschnittlich vier Prozent im Bestand und um sechs Prozent im Neubau. In den sogenannten A-Städten, den ohnehin mit Abstand teuersten Mietwohnungsmärkten, wird aktuell die stärkste Mietpreisdynamik beobachtet: Die mittleren Angebotsmieten in den „Top 7“-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart stiegen im Bestand durchschnittlich um sieben Prozent und im Neubau um neun Prozent gegenüber 2022.
Wohnungsmarkt: Perspektiven für Investoren gut
„Perspektivisch spricht die Nachfrageseite mit gesunden Fundamentaldaten für ein Investment in die deutschen Wohnimmobilienmärkte“, prognostiziert BNPPRE-Experte Meszelinsky.
Das anhaltende Bevölkerungswachstum sowie der Trend zu rückläufigen Haushaltsgrößen bei gleichzeitig steigendem Pro-Kopf-Flächenbedarf dürften für quantitativen Zusatzbedarf sorgen. Auch qualitativer Zusatzbedarf sowie ein höherer Ersatzbedarf durch steigende ESG-Anforderungen erfordern einen Anstieg der Baufertigstellungszahlen – also eine Angebotsausweitung. „Allerdings zeichnet sich eine Entlastung von Angebotsseite kurzfristig nicht ab“, meint Meszelinsky. Ganz im Gegenteil: „Der aktuelle Trend einer rückläufigen Bautätigkeit wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren fortsetzen und sogar weiter verschärfen. Aus heutiger Sicht dürfte damit das erhöhte Mietwachstum, insbesondere im Neubau, anhalten.“
Residential Report Deutschland 2024
Um im aktuellen Marktumfeld Orientierungshilfen und einen schnellen Überblick auch über kleinere Standorte zu liefern, veröffentlicht BNPPRE zum achten Mal ein Research-Produkt, das sich an institutionelle Investoren richtet. Neben einem Überblick zu den bundesweiten Investment- und Vermietungsmärkten enthält der Residential Report Deutschland 2024 komprimierte Darstellungen der wichtigsten Marktindikatoren der großen Standorte und Fact Sheets für mehr als 100 Städte.
Quelle: Haufe Online Redaktion