Mo, 12.02.2024
Niedrige Wohneigentumsquote bringt Vorteile für Investoren

Die Wohneigentumsquote in Deutschland ist die zweitniedrigste in Europa. Das wird von Experten häufig negativ bewertet. Ein Colliers-Analyst sieht das anders – unter anderem für Investoren ist der Mietermarkt attraktiv. Es gibt auch andere Vorteile.

„Ein guter Mieterschutz ist die Basis für den stabilen Wohnmarkt in Deutschland. Trotz geringerer Eigentumsquoten müssen wir daher den Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht scheuen“, sagt Felix von Saucken, Head of Residential bei Colliers in Deutschland. Der deutsche Markt biete Planbarkeit für Mieter und Investoren.

Insgesamt verschafft laut von Saucken die hohe Mietquote dem deutschen Wohnungsmarkt einen Sonderstatus, der ihn für nationale und internationale Investoren besonders attraktiv macht: Einerseits seien Mieter durch ein ausgewogenes Mietrecht und einen transparenten Mietspiegel vor Willkür der Eigentümer geschützt – andererseits verfügten die Immobilieneigentümer über wirtschaftlich vertretbare Hebel zur kontinuierlichen Mietsteigerung.

Eigentumsquote in Deutschland: 22 Prozent unter EU-Schnitt

Der Colliers-Analyst beruft sich bei seiner Einschätzung auf Zahlen von Eurostat. Demnach liegt die Quote von Deutschen, die über Wohneigentum verfügen, bei 47 Prozent – das sind 22 Prozent weniger als der Durchschnitt aller EU-Staaten. Die hohe Mietquote von 53 Prozent werde von Marktexperten häufig als Nachteil gebrandmarkt, weil die Schaffung von Wohneigentum als sicherste Form der Altersvorsorge gelte, so von Saucken.

Genauso richtig sei es aber, dass der deutsche Mietmarkt im internationalen Vergleich ein außergewöhnlich hohes Maß an Mieterschutz und Markttransparenz biete: „Das Mieten einer Wohnung ist in Deutschland daher deutlich attraktiver als in den meisten anderen europäischen Ländern und dieser Punkt wird in der Analyse häufig ausgeblendet.“

Europa: Mehr ländliche Regionen, mehr Eigentum

Von Saucken kommt zu dem Ergebnis, dass in eher ländlich geprägten Regionen die Wohneigentumsquote per se höher liegt als in eher städtisch geprägten Regionen. An der Spitze des Rankings liegt Rumänien mit einer Quote von 94,8 Prozent, gefolgt von der Slowakei (93 Prozent), Serbien (92 Prozent), Kroatien (91 Prozent), Montenegro (91 Prozent) und Ungarn (90 Prozent). Zum Vergleich: Deutschland liegt auf Platz 31 von 32. „Rumänien beispielsweise hat 86 Einwohner pro Quadratkilometer, in Deutschland sind es 234“, erklärt von Saucken.

Die hohen Eigentumsquoten in den östlichen Ländern bringen dem Experten zufolge auch gesellschaftliche Nachteile mit sich, weil es in den Städten kaum Mietangebote gibt, was vor allem junge Menschen in ihrer Mobilität einschränke, um etwa eine gute Ausbildung zu machen oder Karrierechancen durch einen vereinfachten Jobwechsel zu steigern.

Eigentumswohnungen in Polen kleiner als Deutschland

Als vorbildliches Beispiel zur Altersvorsorge durch Wohninvestments wird laut Saucken häufig Polen genannt mit einer Eigentumsquote von 87 Prozent: Die Erwerbskosten seien hier deutlich niedriger, aber die Wohnungen auch deutlich kleiner mit ein bis zwei Zimmern, um die Nachfrage zu bedienen. „Dadurch verfügen die polnischen Wohnungen im Durchschnitt über 19 Quadratmeter weniger pro Person als die Wohnungen am deutschen Markt“, sagt er.

Von Saucken hält es für fraglich, ob sich die deutschen Nutzer von Wohnungen mit polnischen Standards anfreunden könnten.

Lockere Finanzierungsbedingungen in Spanien

Auch die Länder in Südeuropa weisen Colliers zufolge eine höhere Wohneigentumsquote auf als Deutschland. In Portugal liegt sie bei 78 Prozent, in Spanien bei 76 Prozent und in Italien bei 74 Prozent. Allerdings seien die Marktstrukturen nicht vergleichbar, so der Analyst: In Spanien zum Beispiel haben Banken lockerere Standards zur Finanzierung von Wohneigentum.

Deutsche Banken verlangten zum Teil bis zu 30 Prozent Eigenkapital, um die Immobilienfinanzierung zu ermöglichen, während in Spanien teils ein Wohnungskauf zu 100 Prozent mit einem Bankdarlehen finanziert werden könne. Zudem sei der Bau bezahlbarer Wohnungen in Spanien lange Zeit politisch stark gefördert worden, was bis heute in diversen Regionen zu massiven Leerständen in Folge des demografischen Wandels geführt habe.

„Die sorgfältige Finanzierungsprüfung deutscher Banken bei Wohninvestments hat unter anderem dazu geführt, dass Deutschland besser durch die Finanzkrise von 2008 gekommen ist als andere europäische Staaten. Daher sollten wir hier von den hohen deutschen Standards auch nicht abweichen, um Kreditausfallrisiken niedrig zu halten und den Finanzmarkt zu stabilisieren“, so von Saucken.

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