Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)–Nach deutlichen Anstiegen des Wohnimmobilienfinanzierungs- sowie des Bau- und Transaktionsvolumen im Jahr 2021 rechnen die deutschen Pfandbriefbanken für dieses Jahr mit einer leicht rückläufigen Entwicklung. „Die Dynamik auf dem Wohnimmobilienmarkt hat angesichts der veränderten Rahmenbedingungen jüngst erheblich nachgelassen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken, Jens Tolckmitt. Auf der Nachfrageseite hätten die höheren Finanzierungskosten die Aktivitäten zahlreicher institutioneller Investoren gestoppt, so dass für das zweite Halbjahr 2022 keine spürbare Belebung des Transaktionsgeschehens zu erwarten sei.
Bei selbst genutztem Wohneigentum führten die gestiegenen Zinsen dazu, dass der Erwerb insbesondere für Schwellenhaushalte bei dem bestehenden Preisniveau zunehmend schwieriger werde. „Vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung im Jahr 2022 ist damit zu rechnen, dass für 2022 erstmals seit 2009 mit einem leichten Rückgang des Finanzierungsneugeschäftes im Vergleich zum Vorjahr zu rechnen ist“, so Tolckmitt.
Auf dem Gewerbeimmobilienmarkt, der rascher auf konjunkturelle Veränderungen als der Wohnungsmarkt reagiere, sei die Stimmung insgesamt verhalten. Auf dem Büroimmobilienmarkt würden derzeit Bauprojekte und Investitionsentscheidungen auf den Prüfstand gestellt, sodass für das zweite Halbjahr 2022 kein Anstieg beim Vermietungs- und Transaktionsvolumen zu erwarten sei. Der stationäre Einzelhandel werde durch die Konsumzurückhaltung der Verbraucher belastet.
Auf die Kreditvergabe für Büro- und Einzelhandelsimmobilien hätten die aktuellen Rahmenbedingungen eine dämpfende Wirkung. „Da bei Neubauvorhaben und auf dem Investmentmarkt für den weiteren Verlauf des Jahres 2022 keine wesentlichen Impulse zu erwarten sind, ist im Hinblick auf das Kreditneugeschäft im Bereich gewerblicher Immobilien für 2022 eine rückläufige Entwicklung im Vorjahresvergleich zu erwarten“, sagte Tolckmitt. Das Auszahlungsvolumen für Wohnimmobilienfinanzierungen in Deutschland war 2021 noch um 11,4 Prozent auf 278,6 Milliarden Euro gestiegen, so von dem Verband durchgeführte Berechnungen auf Grundlage von Angaben der Kredit- und Versicherungswirtschaftsverbände und der Deutschen Bundesbank.
Die Entwicklung der Wohnimmobilienfinanzierung habe somit fast dem Wachstum des Bau- und Transaktionsvolumens entsprochen, das um 11,9 Prozent auf 521,9 Milliarden Euro zulegte. In den ersten sechs Monaten 2022 wurden laut den Angaben 140 Milliarden Euro zur Finanzierung von Wohnimmobilien zugesagt, was gegenüber der Vorjahresperiode einem Plus von 3 Prozent entsprach.
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Quelle: finanzen.net