Die Preise für deutsche Wohnimmobilien steigen seit Jahren, zuletzt im Rekordtempo. Analysten der Deutschen Bank halten ein Zyklusende in dieser Dekade für sehr wahrscheinlich – abhängig von verschiedenen Faktoren. Ein vorsichtiges Fazit lautet: 2024 kommt die Preiskorrektur, aber kein Crash.
Im Rekordtempo, nämlich um durchschnittlich rund zwölf Prozent, sind nach Zahlen des Statistischen Bundesamts die Wohnimmobilienpreise im Schlussquartal 2021 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gestiegen. Damit dürfte bald Schluss sein, prognostizieren Experten der Deutschen Bank. Eine „Flüchtlingswelle“ und die steigende Inflation sind demnach Faktoren, die das Zyklusende tendenziell aufschieben. Eine verschärfte Klimapolitik und geringere finanzielle Anreize zur energetischen Sanierung implizieren dagegen eher ein frühes Ende.
Sollte etwa die Ampel-Koalition die finanziellen Anreize zum Sanieren weiter reduzieren oder durch eine Sanierungspflicht ersetzen, müssten Immobilieninvestoren weitere Aufwendungen zur Bekämpfung der Klimakrise leisten. Das würde zulasten der Bewertung gehen und könnte zum Zyklusende beitragen.
Alle Faktoren gegeneinander abgewogen, lautet ein vorsichtiges Fazit, das der Zyklus im Jahr 2024 enden wird, wie Deutsche Bank Research in der Studie „Ausblick auf den deutschen Wohnungsmarkt 2022 ff.“ schreibt. „Was für uns sehr wahrscheinlich ist, ist dass der Zyklus in dieser Dekade endet.“
Basisszenario: Verhaltene Preiskorrektur am Wohnimmobilienmarkt
Ein Zyklusende im Jahr 2024 und weitere durchschnittliche jährliche Preiserhöhungen unterstellt, werden laut Deutsche Bank Research deutsche Wohnimmobilien im internationalen Vergleich teuer bleiben und die Preise nur um wenige Prozent nachgeben. Die aktuelle Einschätzung der Analysten entspricht hier der Prognose aus dem Wohnungsmarktausblick 2021, der von einem realen Preisrückgang von acht Prozent über drei Jahre ausging. „Unterstellt man eine Inflation von zwei Prozent pro Jahr, dann wäre vom Jahr 2024 bis 2026 lediglich ein nominaler Preisrückgang um zwei Prozent zu verkraften“, schreibt Studienautor Jochen Möbert.
Bei hohen Inflationsraten dürfte laut Möbert der Preisrückgang tendenziell geringer sein: „Unterstellt man im Jahr 2022 und 2023 ein Plus von erneut sieben Prozent pro Jahr und im Anschluss an die Korrekturphase das durchschnittliche nominale Preiswachstum vom Jahr 1970 bis 2008 von 2,5 Prozent pro Jahr, dann werden die Hauspreise im Jahr 2030 kumuliert um 24 Prozent höher liegen als im Jahr 2021.“ Auch diese Aussage wurde bereits im Wohnungsmarktausblick 2021 getroffen.
Zwischen den größten deutschen Metropolen bestehen demnach allerdings Unterschiede. Die Projektionen der Researcher legen ein Ende der Angebotsknappheit in Bremen, Düsseldorf, Hamburg und Nürnberg nahe. In Berlin, Hannover, Köln, Leipzig und Stuttgart wiederum dürften die Engpässe noch einige Jahre fortbestehen. Der Zyklus in Berlin und Leipzig könnte der Studie zufolge besonders lange dauern – in München sei zwar Wohnraum auch knapp, doch die hohen Bewertungen sprechen eher für ein Zyklusende. „Trotz dieser Unterschiede könnte ein Zyklusende in einer Metropole Signalwirkung für alle haben“, meint Experte Möbert.
Risikoszenario: Massiver Preisverfall bei Wirtschaftskrisen
Mit Krisen in mehreren Wirtschaftssektoren könnten der Analyse zufolge die Preise für Wohnimmobilien auch massiv einbrechen. Historisch kam es regelmäßig dann zu kräftigen Preisrückgängen bei einer Systemkrise. Diese kann man angesichts des rasanten technologischen Wandels, der Klimakrise und der geopolitischen Dynamik nicht ausschließen. „In Risikoszenarien kann man womöglich den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilbranche im Zuge des Trends zur E-Mobilität und zum autonomen Fahren oder massive Probleme bei der Energiewende diskutieren“, heißt es im Fazit.
Demnach könnte auch eine Abwanderungswelle als Folge der kräftigen Zuwanderung in der Vergangenheit in den Mittelpunkt der Diskussion rücken. Ebenso würden bei einer dauerhaft hohen Inflation – gefolgt von starken Zinserhöhungen, um die Inflation wieder einzufangen – die Preise für Wohnimmobilien den Analysten zufolge deutlich stärker fallen, als im Basisszenario angenommen. Zwar schützen höhere Preise bei Wohnimmobilien vor Inflation, höhere Zinsen können den Inflationsschutz jedoch konterkarieren: Nach einem Zinsschock könnten Investoren Anleihen gegenüber Immobilien präferieren. „Damit steigt das Risiko einer abrupten Neubewertung im Wohnimmobilienmarkt“, meinen die Experten.
Haufe Online Redaktion