Die Bauzinsen steigen wieder. Das macht private Immobiliendarlehen teurer – eine Entspannung ist Experten zufolge vorerst nicht in Sicht. Laut Interhyp sind angesichts einer strafferen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bis Jahresende bis zu 3,5 Prozent drin.
„Die Inflationsbekämpfung dürfte das Zinsniveau auch in den nächsten Wochen und Monaten oben halten“, sagte Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft beim Kreditvermittler Interhyp AG. Nachdem die Zinsen im Juli und in der ersten Augusthälfte noch um rund 0,7 Prozentpunkte nachgegeben hätten, seien Baudarlehen zuletzt wieder teurer geworden. Zehnjährige Baudarlehen kosten laut Interhyp derzeit drei Prozent.
„Die Rhetorik der Notenbanken deutet darauf hin, dass die Straffung der Zinspolitik ungeachtet möglicher wirtschaftlicher Schäden fortgeführt wird“, erläutert Mohr mit Blick auf zunehmend schlechte Konjunkturdaten und die für den Winter von der Bundesbank prognostizierte Rezession. Ein Großteil der monatlich von Interhyp befragten Experten teilt diese Ansicht.
Da die Zinsen seit Mitte August nicht mehr so stark gestiegen sind wie in der ersten Jahreshälfte 2022, sehen die Experten keinen Anstieg mehr auf vier Prozent, wie noch in der Juli-Umfrage, sondern erwarten Zinsen von bis zu 3,5 Prozent.
Inflation: EZB plant weitere Zinsschritte
Der Rat der EZB hatte am 21.7.2022 wegen der steigenden Inflationsraten die erste Zinserhöhung seit elf Jahren beschlossen. Nachdem sich die Bauzinsen laut Interhyp seit Januar 2022 von 0,8 Prozent auf rund drei Prozent Ende Juli mehr als verdreifacht hatten, pendelte sich das Niveau zunächst ein. Nun hat die Notenbank weitere Zinsschritte angekündigt.
Der Zinsanstieg bedeutet für Schuldner immense Bürden. Bei einer Baufinanzierung zum Beispiel über 400.000 Euro zu einem effektiven Zins von drei Prozent ergeben sich über zehn Jahre knapp 79.000 Euro Mehrkosten, rechnete jüngst Check24 vor. Dem Vergleichsportal zufolge sind die Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen vom vorläufigen Tief im August von 2,31 Prozent um 20,78 Prozent auf 2,79 Prozent gestiegen.
„Die durchschnittlichen Finanzierungssummen sind in den vergangenen drei Monaten um zehn Prozent gesunken“, beobachtete Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung bei Check24. Weniger Kunden könnten es sich leisten, hohe Finanzierungssummen aufzunehmen. Zudem agierten die Banken deutlich restriktiver bei der Kreditvergabe.
Steigende Leitzinsen, höhere Bauzinsen?
Dass sich die Bauzinsen auf einem Plateau einpendeln, davon geht das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) aus. Zuletzt habe es deutliche Übertreibungen gegeben, sagte vor Kurzem IW-Immobilienexperte Pekka Sagner. Sollten weitere Leitzinserhöhungen der EZB Sorgen vor einer Zahlungskrise hochverschuldeter Länder wie Italien auslösen, könnten die Bauzinsen weiter sinken, so Sagner. „Der Gedanke, dass steigende Leitzinsen automatisch höhere Bauzinsen bedeuten, trügt.“
Sorgen vor einer neuen Schuldenkrise in Südeuropa könnten Bundesanleihen für Investoren attraktiver machen. Das würde dann die Kurse hochtreiben und im Gegenzug die Renditen der Bundesanleihen drücken – und damit auch die Bauzinsen.
Quelle: Haufe Online Redaktion