In der Coronakrise ist das Angebot an Eigentumswohnungen gesunken, die Preise blieben aber erstaunlich stabil. In einigen Städten legen sie sogar zu.
Die Covid-19-Pandemie belastet das wirtschaftliche Leben in Deutschland in einer Weise, wie es sich die wenigsten vor drei Monaten hätten vorstellen können. Abrupt ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur. Die Bundesregierung rechnet mit einer tiefen Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach aktueller Prognose um 6,3 Prozent niedriger liegen als im vergangenen Jahr.
Das wird sich auch auf den Immobilienmarkt auswirken.
Analysten beobachten die Situation deshalb genau: So hat das Hamburger Analysehaus F+B einen gesonderten Corona-Index für Wohnimmobilien entwickelt. Er bildet auf Wochenbasis die Entwicklung von Wohnungsangebot, -preisen und -mieten seit Anfang März ab.
Das wichtigste Ergebnis der aktuellen Auswertung zeigt: Die Preise von Eigentumswohnungen erweisen sich als erstaunlich robust. F+B-Geschäftsführer Bernd Leutner erklärt dies so: „Anbieter sehen offenbar keine Notwendigkeit, mit verringerten Angebotspreisen die Kaufnachfrage zu stimulieren.“
Der aktuelle Europace-Hauspreis-Index, der auf Transaktionsdaten basiert, bestätigt den Befund: Im April verteuerten sich Wohnimmobilien sogar leicht um 0,7 Prozent.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Jan Sprengnetter, Chef des gleichnamigen Anbieters von Wertermittlungssoftware für Immobilienunternehmen und -finanzierer. Die jüngste Auswertung von Wohnungsangeboten und der von Banken durchgeführten Wertermittlungen zeigten, „dass sich der Wohnimmobilienmarkt nicht nur auf der Angebotsseite, sondern ebenfalls auf der Finanzierungsseite erholt hat“, beobachtet Sprengnetter.
Laut F+B-Index hat sich das Anfang April bundesweit um 30 Prozent zurückgegangene Angebot Anfang Mai wieder auf 85 Prozent des Vorkrisenniveaus erhöht. In den sieben deutschen Metropolen sogar auf 90 Prozent. Bei den Angebotspreisen sieht es noch besser aus: In keiner einzigen Woche sanken sie bundesweit unter das Niveau von Anfang März. Inzwischen liegen sie sogar bundesweit knapp drei Prozent über dem Stand von vor neun Wochen.
Jan Sprengnetter ist daher überzeugt, dass sich aus den bisherigen Daten keine kurz- bis mittelfristigen Preissenkungen für Wohnimmobilien ableiten lassen. Das Forschungsinstitut Empirica hatte zuvor Reduktionen um zehn bis zu 25 Prozent prognostiziert.
„Auswirkungen in den Transaktionszahlen und -preisen werden wir spüren“, sagt Sprengnetter. Die weitere Entwicklung hänge jedoch mit den allgemeinen wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise zusammen. Und die ließen sich aktuell kaum belastbar abschätzen.
Abzuwarten scheint also sowohl für Verkäufer wie Käufer keine schlechte Strategie zu sein.
Quelle: Handelsblatt