Bei Schnee und Glätte müssen Hauseigentümer auch jenseits ihres Grundstücks für Ordnung sorgen. Eine Übersicht über Rechte und Pflichten.
Erfurt. Der Winter hat Süddeutschland fest im Griff. Die Schneemassen der vergangenen Tage haben selbst viele Bewohner der Region, die in Deutschland zu den schneesichersten zählt, überrascht. In den kommenden Tagen soll sich das Wetter zwar einigermaßen beruhigen. Der Winter dürfte damit dennoch erst begonnen haben.
Spätestens jetzt ist es für Hausbesitzer an der Zeit, noch einmal ihre Vorkehrungen für die kalte Jahreszeit zu überprüfen. Die Sorgfaltspflicht hört dabei aber nicht an der Grundstücksgrenze auf. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengestellt.
Wer muss den Schnee räumen?
Auf den eigenen Grundstücken sind die Eigentümer in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die wichtigsten Wege frei gehalten werden. Dazu zählen neben den Zugangsbereichen auch die Wege zu Mülltonnen oder Tiefgaragen Für öffentliche Flächen, die an private Grundstücke angrenzen, stehen zwar grundsätzlich Städte und Gemeinden in der Räumpflicht. Allerdings übertragen sie die Verantwortung für Gehwege – und in entlegeneren Gegenden sogar auch Straßen – per städtischer Satzung meist auf die Anlieger.
Wohnungseigentümer können diese Pflicht wiederum auf ihre Mieter übertragen, müssen dies aber eindeutig im Mietvertrag vereinbaren (BGH-Urteil VI ZR 126/07). Die Vorgaben sollten detailliert festgehalten werden, erklärt Rechtsanwältin Beate Heilmann von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein.
Denn: „Eine kurze Formularklausel, die den Mieter zum allgemeinen Winterdienst verpflichtet, ist unzulässig.“ Die Aufgabe muss gerecht auf die Mieter verteilt werden und darf nicht etwa Bewohner von Erdgeschosswohnungen übermäßig beanspruchen.
Nicht zuletzt wegen der Komplexität meint Julia Wagner, Justiziarin beim Eigentümerverband Haus und Grund: „Wir raten dazu, einen externen Dienstleister mit dem Winterdienst zu beauftragen.“
Was ist mit Schnee auf Dächern und Eiszapfen?
Eigentümer sollten Vorkehrungen treffen, damit es nicht zu Verletzungen durch Dachlawinen oder Eiszapfen kommt. Schneefanggitter sind nicht selten sogar Pflicht. Liegt viel Schnee auf den Dächern oder bilden sich große Eiszapfen, sollte dies entfernt werden – von der Feuerwehr oder einer Fachfirma. „Ein Eigentümer darf seine Mieter wegen Dachlawinen oder Eiszapfen nicht in Lebensgefahr bringen“, sagt Heilmann.
Kann eine Gefahr nicht gleich beseitigt werden, können einzelne Bereiche vorübergehend abgesperrt werden. Wo dies nicht geht, sollten Warnschilder aufgestellt werden, die konkret erklären, worauf die Passanten achten müssen.
Wer trägt die Kosten für den Winterdienst?
Räumwerkzeug und Streugut muss der Vermieter stellen. „Die Kosten für das Streugut können über die Nebenkostenabrechnung auf die Mieter umgelegt werden, die Anschaffungskosten für das Räumwerkzeug aber nicht“, erklärt Wagner. Die Kosten für den externen Dienstleister dürfen als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden.
Sind die Kosten für einen Winterdienst steuerlich absetzbar?
Die Kosten eines Schneeräumdienstes können als haushaltsnahe Dienstleistung abgesetzt werden. Dies gilt nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2014 (IV R 55/12) auch dann, wenn neben dem eigenen Grundstück auch angrenzende öffentliche Flächen wie der Bürgersteig geräumt werden.
Ein Fünftel der Kosten können als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden, höchstens aber bis zu 4000 Euro im Jahr. Voraussetzung ist eine ordnungsgemäße Rechnung sowie eine bargeldlose Zahlung.
Wann und wie oft muss geräumt werden?
An Werktagen müssen Gehwege zwischen sieben Uhr und 20 Uhr geräumt werden. An Sonn- und Feiertagen gilt morgens in der Regel eine Schonfrist von ein bis zwei Stunden, die je nach Gemeinde unterschiedlich ausfällt. Gehwege müssen nicht in ihrer ganzen Breite von Schnee und Glätte befreit werden. Nach Ansicht des BGH (III ZR 8/03) reicht ein Streifen von 1,0 bis 1,2 Meter Breite.
Das soll ausreichen, damit zwei Personen gefahrlos aneinander vorbeigehen können. Das Schneeräumen muss über den Tag wiederholt werden, falls der zuvor freigeschaufelte Weg wieder eingeschneit wurde.
Inmitten heftigen Schneetreibens muss nicht geschippt werden. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Celle 2004 geurteilt, dass die Pflicht erst dann obliegt, wenn die starken Schneefälle abgeklungen sind. Spätestens eine Stunde danach sollte wieder geräumt werden. In vielen Gemeinden dürfen Privatpersonen aus Umweltschutzgründen kein Streusalz verwenden.
Wer dabei erwischt wird, muss mit einer Geldbuße rechnen, die je nach Bundesland unterschiedlich ausfällt. In Berlin werden beispielsweise bis zu 10.000 Euro fällig. Als geeignete Streumittel gelten Granulat, Splitt oder Sand. Wer seinen Räumpflichten nicht nachkommt, dem drohen Bußgelder. In Schleswig-Holstein müssen Säumige bis zu 511 Euro zahlen, in Brandenburg bis zu 2500 Euro.
Wer haftet, wenn es zu Schäden kommt?
Stürzt ein Mensch wegen Glätte auf dem Bürgersteig, können Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen die Haftenden teuer zu stehen kommen. In der Regel haftet der für die Sicherheit Verantwortliche. Doch auch wenn ein externer Dienstleister beauftragt wurde, heißt das nicht, dass Eigentümer keinerlei Haftung fürchten müssen.
„Die Eigentümer haben eine Kontrollpflicht und müssen überwachen, ob der Dienstleister ordnungsgemäß arbeitet“, erklärt Gabriele Heinrich, Vorstandsmitglied des Vereins Wohnen im Eigentum. Sie rät, ein Protokoll zu führen. So können Eigentümer im Zweifelsfall nachweisen, dass sie ihren Kontrollpflichten nachgekommen sind.
Haben Vermieter die Räumpflichten ihren Mietern übertragen, haften die Mieter – sofern der Vermieter seinen Kontrollpflichten nachgekommen ist. Allerdings tragen oft auch die Geschädigten eine Mitschuld. So dürfen Fußgänger nicht von lückenlos gestreuten Bürgersteigen ausgehen. Mit einzelnen rutschigen Stellen muss gerechnet werden. Auch müssen etwa Fahrradfahrer ihr Verhalten der Witterung anpassen.
Welche Versicherung brauche ich?
Wer ein Einfamilienhaus bewohnt, ist mit der privaten Haftpflichtversicherung geschützt. Mieter, denen die Räumpflicht obliegt, sind ebenfalls mit einer solchen Police abgesichert. Wohneigentümergemeinschaften sowie Eigentümer von vermieteten Mehrfamilienhäusern sollten für diese Fälle eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung abschließen. Die Kosten für die Versicherung können, sofern dies im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart wird, auf die Mieter übertragen werden.
Quelle: Handelsblatt