Rasch steigende Baukosten und Bauzinsen haben für die meisten Normalverdiener den Traum von der eigenen Immobilie zunichte gemacht. Wer dennoch kaufen will, sollte einiges beachten – und schnell handeln.
Der junge Lehrer Stefan P. wollte sich den Traum vom eigenen Haus erfüllen. Eigentlich war schon alles in trockenen Tüchern. Anfang 2021 hatte er den Hausbau geplant und Angebote eingeholt. Das Grundstück wurde bereits aus Eigenkapital erworben und der schlüsselfertige Neubau hätte 525.000 Euro kosten sollen. Beim damaligen jährlichen Zinssatz von 0,6 Prozent für eine Zinssicherheit von 15 Jahren lag die monatliche Kreditrate inklusive zwei Prozent Anfangstilgung bei 1138 Euro.
Nach einem Auslandsjahr sollte das Vorhaben nun realisiert werden. Vor wenigen Monaten hat der Lehrer nun erneut Baukosten und Zinsen angefragt. Das Ergebnis ist bitter: Das gleiche Haus soll nun 590.000 Euro kosten, der Kreditzins liegt bei 2,9 Prozent pro Jahr. Das bedeutet eine Kreditrate von 2409 Euro. Zu viel für Stefan P. – der Traum vom Eigenheim war geplatzt.
Viele Häuslebauer vor großen Problemen
Vielen potentiellen Häuslebauern macht die aktuelle Situation große Probleme. Die Zinsen für Immobilienkredite sind seit Weihnachten sprunghaft gestiegen. Damit haben selbst die meisten Fachleute nicht gerechnet. Ende Mai betrug der Sollzins für zehnjährige Zinsbindungen etwa 2,7 Prozent, hat die Verbraucherzentrale NRW recherchiert. Im Vergleich zu den 2000er-Jahren sei das immer noch wenig – aber viel im Vergleich zum historischen Niedrigzins. „Unter anderem wegen der hohen Inflation spricht einiges dafür, dass die Zinsen weiter steigen werden“, sagt Thomas Hentschel, Referent für Finanzen bei der Verbraucherzentrale NRW.
Fachleute sagen eine zunächst moderate Erhöhung für Mitte Juli voraus. Weitere Schritte könnten im Laufe des Jahres folgen. Auch der Geschäftsführer der azemos Vermögensverwaltung in Offenburg, Rainer Laborenz, rechnet mit weiter steigenden Zinsen. Angesichts der ungebremst steigenden Inflationsraten seien Anleger immer weniger bereit, ihr Geld zu Zinssätzen nahe null Prozent anzulegen. Und auch die Notenbanken müssten nennenswert an der Zinsschraube drehen, um die Geldwertstabilität wieder in den Griff zu bekommen.
Längere Zinsbindungen sinnvoll
„Probleme werden entstehen, wenn in einigen Jahren die Zinsbindung für zu 0,6 Prozent Zins abgeschlossenen Immobilienfinanzierungen ausläuft und die Darlehensnehmer sich die dann womöglich dreimal so hohe Kreditrate nicht mehr leisten können“, so der azemos-Geschäftsführer.
Angesichts steigender Zinsen empfiehlt er seinen Kunden, eine Laufzeit von mindestens 15 Jahren, um etwas Zinssicherheit zu bekommen. „Der Zinsaufschlag für eine längere Zinssicherheit ist vergleichsweise gering. Zwischen einer 10-jährigen und einer 20-jährigen Zinsbindung liegt ein Aufschlag von lediglich 0,6 Prozentpunkten“, so Laborenz.
Warnung vor vermeintlich günstigen Konditionen
Die steigenden Hypothekenzinsen fallen in eine Zeit, in der auch die Immobilienpreise rasant gestiegen sind. Die Verbraucherzentrale hat jüngst Hinweise veröffentlicht, die Verbraucher beachten sollten. „Wer aktuell die Finanzierung einer Immobilie plant, sollte genau rechnen“, so Hentschel. „Monatliche Belastungen für Zins und Tilgung sollten nicht mehr als 30 bis 35 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens betragen. Denn es kommen noch mindestens zehn bis 15 Prozent an Kosten für den Unterhalt der Immobilie wie Strom, Heizung, Wasser, Steuern oder Gebühren hinzu.“ Und diese Preise steigen auch bekanntermaßen.
Die Verbraucherzentrale warnt, dass Kreditkonditionen in der Werbung oft zu niedrig angesetzt würden. Ebenso sollte man sich nicht von angebotenen Zinsen bei der Hausbank oder auf Internetportalen blenden lassen. Meist gelten diese Angebote nur für einen Teil der Kreditsumme. Mit mehr Fremdkapitalbedarf steige das Risiko der Bank und damit auch der Zins für die Finanzierung.
Jetzt bereits laufenden Kredit verlängern?
Hausbesitzern, die in absehbarer Zeit ihren Kredit verlängern müssen, empfiehlt Rainer Laborenz eine vorzeitige Verlängerung. Da man mit weiter steigenden Hypothekenzinsen rechnen müsse, rät er zum so genannten „Forward-Darlehen“. Das funktioniert wie eine normale Anschlussfinanzierung – mit der Besonderheit, dass sich der Kunde mit der Bank schon lange vor dem Ende der alten Zinsbindungsfrist einigt. Damit könne sich der Kunde heute schon den Anschlusszins für Finanzierungen sichern.
Das kann im Idealfall günstiger sein. Vor allem gibt es Kunden aber mehr Planbarkeit und die Sicherheit, den Kredit auch langfristig bedienen zu können.
Quelle: tagesschau