Drei Viertel der Haushalte in Deutschland wollen die aktuelle Wohnsituation überdenken, einen Umzug erwägt knapp die Hälfte, am liebsten aufs Land, wie eine neue Studie zeigt – doch auch dort gibt es kaum passende Angebote. Was Käufer und Mieter suchen.
Immer mehr Menschen denken darüber nach, wo sie in Zukunft wohnen wollen – in der Stadt, im Vorort oder auf dem Land, heißt es in einer Studie der Technischen Universität (TU) Darmstadt im Auftrag des Vermittlers von Immobilienfinanzierungen Baufi24. Ein zentraler Grund sind die hohen Wohnkosten, vor allem in Innenstadtlagen.
Wohntrends: Verlierer sind die Innenstädte
75 Prozent der Befragten nennen die finanzielle Situation als wesentlich dafür, dass sie die Wohnsituation überdenken. Auch Faktoren wie Ökologie oder der soziodemografische Wandel verändern die Wohnpräferenzen. Der Verlierer des Trends sind laut Studie die Innenstädte; die Gewinner sind Lagen im Grünen, im Dorf oder in Vororten.
In den urbanen Lagen ist der Wohnkostenanteil am frei verfügbaren Nettohaushaltseinkommen besonders stark gestiegen. Die Studie zeigt, dass in Innenstädten mittlerweile jeder vierte Haushalt (25 Prozent) mehr als 40 Prozent des Nettohaushaltseinkommens fürs Wohnen ausgibt. Ab diesem Niveau gelten Haushalte als überbelastet. Im Grünen oder auf dem Dorf liegt die Quote bei der Überbelastung nur bei zehn Prozent.
Wohnzufriedenheit: Auf dem Land am höchsten
Haushalte, die im Grünen leben, weisen den Studiendaten zufolge die höchste Wohnzufriedenheit auf: Das sagten 76 Prozent der Befragten. Auch in Stadtrandlagen ist die Zufriedenheitsquote mit 75 Prozent hoch. Je weiter es in Richtung Zentrum geht, umso mehr nimmt die Unzufriedenheit zu. Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Deutschen sind in den Innenstädten noch zufrieden mit der Wohnsituation.
„Dezentralität schlägt deutlich Zentralität“, erklärt Tomas Peeters, Baufi24-Vorstandsvorsitzender und CEO der Bilthouse-Gruppe. Neben der Bezahlbarkeit spielt demnach auch das zunehmende Umweltbewusstsein hinsichtlich der Wohnortwahl eine wichtige Rolle. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der privaten Haushalte geben an, „dass die Nähe zur Natur und die damit verbundene Erholungsqualität die Bewertung ihrer Wohnsituation beeinflusst“, betont Peeters. Wohnen im Grünen steigere nachweislich auch die Lebensqualität. Für 85 Prozent der Kaufinteressenten sei daher die Nähe zur Natur bei der Neubewertung des Wohnstandortes wichtig.
Umzug: Entlastung für überhitzte Wohnungsmärkte
Studienleiter Dr. Andreas Pfnür, Professor am Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt, sieht infolge der veränderten Wohnpräferenzen die Politik gefordert: „43 Prozent der deutschen Haushalte denken darüber nach, in den nächsten Jahren umzuziehen. Gleichzeitig beklagen jedoch 61 Prozent, dass es für sie kaum passende alternative Wohnflächen gibt.“
Der Experte empfiehlt, dass der Fokus des wohnpolitischen Handelns wegen des aktuellen Wandels künftig stärker auf den ländlichen Raum gelegt werden muss, statt wie in der Vergangenheit primär auf Großstädte ausgerichtet zu sein. Pfnür sieht in dem Trend auch Chancen: Der Umzug in periphere Gebiete könne für eine Abkühlung der heiß gelaufenen innerstädtischen Immobilienmärkte sorgen und den Bevölkerungsrückgang in ländlichen Regionen stoppen. Zur Erreichung einer effizienteren Allokation von Wohnfläche sollte die Politik den Abbau von bürokratischen Hürden beim Umzug zwingend forcieren, rät der Experte.
Über die Studie
Die Studie „So wohnen wir in Zukunft: Wie der soziodemografische Wandel unser Wohnen verändert“ ist ein Teilprojekt des Forschungsprogramms „Transformation des Wohnens in Deutschland“ der TU Darmstadt in Kooperation mit Baufi24. In insgesamt sechs Teilstudien wird untersucht, wie sich die Megatrends Ökologische Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Sozio-Demografie, Urbanisierung und staatliche Intervention auf den Wohnungssektor auswirken.
Quelle: Haufe Online Redaktion