Trotz steigender Preise für Häuser und Wohnungen zieht es die Deutschen in der Corona-Krise offenbar weiterhin ins eigene Heim.
Schulen zu, Restaurants geschlossen, Geschäfte nur teilweise offen – nicht nur das öffentliche Leben war während der bundesweiten Kontaktsperre eingeschränkt. Die Krise war auch auf dem deutschen Immobilienmarkt zu spüren. Die Zahl der Inserate für Mietobjekte, Eigentumswohnungen oder Ein- und Zweifamilienhäuser ging in der Corona-Hoch-Zeit um teilweise mehr als 40 Prozent zurück. Doch inzwischen scheint es an den Immobilienmärkten wieder aufwärts zu gehen, zumindest wenn es um Objekte zum Wohnen geht. Es gibt wieder mehr Angebote zum Kaufen und Mieten – und die Preise ziehen auch wieder an.
Das Immobilienportal Immowelt.de hat die Kaufpreise in den 14 größten deutschen Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern in den Monaten Januar bis Juni 2019 und 2020 verglichen. Grundlage waren die dort inserierten Angebote. Das Ergebnis: Wohnungen verteuerten sich im ersten Halbjahr 2020 weiter. Am stärksten erhöhten sich die Preise für Neubauwohnungen (Baujahr 2016 oder später). Auf Platz eins liegt hier Stuttgart mit einem Plus von 31 Prozent im Jahresvergleich, vor allem wegen der stark gestiegenen Grundstückspreise. Der Quadratmeter kostet in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs nun im Durchschnitt 6827 Euro, Vor einem Jahr waren es laut den Immowelt-Zahlen noch 5196 Euro. Basis für die Berechnungen sind die Kaufpreise für eine Wohnung mit drei Zimmern und 80 Quadratmetern im zweiten Stock.
Vor allem in Großstädten wie Stuttgart, München oder Frankfurt geht es weiter aufwärts
Etwas geringer fielen die Zuwächse in anderen Großstädten aus. In Frankfurt am Main legten die Preise für entsprechende Neubauwohnungen um 21 Prozent auf 6926 Euro je Quadratmeter zu. In München, Deutschlands teuerster Stadt, betrug das Plus immer noch neun Prozent. 9738 Euro pro Quadratmeter Wohnung sind dort nun im Durchschnitt für einen Neubau fällig. „Die Corona-Pandemie leitet auf dem Immobilienmarkt nicht das Ende des Wachstumszyklus ein“, sagt Immowelt-Chef Cai Nicolas Ziegler. Wohneigentum sei nach wie vor sehr gefragt. „Im Neubau-Segment hält die Preisrally an, denn die hohen Kosten für Bauland und die seit Jahren steigenden Baupreise treiben das Niveau. Aber auch für bestehende Wohnungen müssen Käufer mit höheren Preisen rechnen als vor einem Jahr.“ Dies zeigt die neue Auswertung des Immobilienportals: Demnach wurden im ersten Halbjahr 2020 bestehende Objekte (Baujahr 1945 bis 2015) und Altbauwohnungen (Baujahr von 1945) ebenfalls teurer. Beispiel München: Für den Altbau sind in Bayerns Landeshauptstadt jetzt im Durchschnitt 8648 Euro pro Quadratmeter hinzulegen, ein Plus von neun Prozent. Deutlich günstiger sind ähnliche Immobilien noch in Berlin zu bekommen: 3655 Euro kostet in der Hauptstadt der Quadratmeter Altbau, allerdings nicht saniert. Deutlich steigende Preise verzeichnete Immowelt auch in Hamburg, Dresden, Leipzig oder Nürnberg. Stagnierende oder minimal steigende Preise gibt es dem Portal zufolge nur in wenigen Segmenten und Städten, etwa in Köln für Neubauwohnungen oder in Bremen für Bestandsbauten.
Und wie sieht es außerhalb der Großstädte aus? Auch bundesweit wird es kostspieliger, den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen, so die jüngste Analyse des Instituts Empirica. Nach desen Berechnungen zogen die Preise für neu gebaute Eigentumswohnungen deutschlandweit im zweiten Quartal verglichen zum Vorjahr um 7,8 Prozent an. Ähnlich hoch sind die Aufschläge bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Empirica rät aber, die Preise für Eigenheime in den teuren Städten mit Vorsicht zu betrachten. Eigenheime seien „dort rar, und die wenigen Angebote sehr heterogen; Preistrends dürfen daher nicht überinterpretiert werden“, heißt es in ihrer Analyse. Erst recht gilt dies für die Corona-Monate. So berichtet der Immobiliendienstleister McMakler in seinem neuen Marktbericht, die Zahl der neuen Inserate für Kaufimmobilien sei im ersten Halbjahr um gut ein Drittel gesunken. Die Experten von Empirica rechnen jedoch damit, dass das Interesse an den eigenen vier Wänden auf Grund der Pandemie eher zunehmen wird. „Innenstadtbutzen sind praktisch, aber unschön bei Corona. Die Zahlungsbereitschaft für Balkon oder Garten ist daher gestiegen“, schreiben die Fachleute. Dadurch könnte die Zahl der Bundesbürger steigen, die im Eigenheim leben. Doch allzu viel dürfe man sich davon auch nicht erwarten. So wird in der Analyse weiter angemerkt: „Für schönes Wohnen braucht es ausreichend Einkommen und vor allem Eigenkapital. Das werden aber eher noch weniger haben, da die spezifischen Preise steigen.“
Quelle: Süddeutsche Zeitung