Die Zeit des starken Wachstums in Dubai geht zu Ende. Doch noch immer wird kräftig gebaut. Einer der angesehensten Bauherren im Emirat macht jetzt einen radikalen Vorschlag: Er will, dass ein zweijähriger Baustopp verhängt wird
30.000 neue Wohnungen entstehen dieses Jahr in Dubai. Vergangenes Jahr waren es 22.000. Meistens sind es Villen, die aus dem Boden wachsen. Das Emirat könnte allein damit um mehr als 100.000 Einwohner und/oder Touristen wachsen.
Doch so viel Nachfrage nach neuen Immobilien gibt es in der Wüste längst nicht mehr. Die Preise für Immobilien sind seit dem Sommer 2018 um rund 24 Prozent gefallen, was nur den Trend verstärkte, der schon seit Jahren herrscht. Das in den Emiraten ansässige Unternehmen Cavendish Maxwell hat in seinem diesjährigen Marktbericht ausgerechnet, dass ein Haus in Dubai aktuell im Schnitt weniger kostet als 2010, ein Jahr nach der Finanzkrise, die die Preise in den Keller fallen ließ.
Bauboom könnte Wirtschaft ins Bredouille bringen
Der Grund für den Preisverfall ist schnell gefunden: Es wird einfach zu viel gebaut. In der Erwartung steigender Preise setzen Immobilienfirmen seit Jahren Stein um Stein aufeinander, sie überbieten sich gegenseitig mit Mega-Projekten. Das Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt, wurde erst 2010 eingeweiht. Aktuell entsteht „Dragon City“, ein gewaltiges chinesisches Wohn- und Einkaufsviertel mit mehr als 1100 Wohnungen.
Der Bauwahnsinn könnte schlimme Folgen haben: Bleiben die Käufer und Mieter aus, erhöht sich der Leerstand im Emirat. Dann dürften Bauherren Probleme bekommen, ihre Baukredite bei Banken zu bedienen. Es drohen Zahlungsausfälle, die schlimmstenfalls die Banken in Schwierigkeiten bringen und damit die gesamte Wirtschaft Dubais.
Die erholt sich gerade erst langsam von der Ölpreiskrise, die wiederum das Bruttoinlandsprodukt der vom Öl lebenden Vereinigten Arabischen Emirate nach 2014 um bis zu 12 Prozent einbrechen ließ. Bis heute hat die Wirtschaftskraft nicht das Vorkrisenniveau erreicht.
Tycoon schlägt Baustopp für zwei Jahre vor
Um diese Erholung nicht mit unnötigen Bauvorhaben abzuwürgen, hat Hussain Sajwani einen simplen, wie radikalen Vorschlag: „Alles, was wir machen müssen, ist, das Angebot einzufrieren“, sagt der Chef der Immobilienfirma Damac Properties aus eben Dubai, „Lasst uns das Angebot für ein oder zwei Jahre reduzieren“, schlägt er vor.
Sajwani sieht die Risiken für Dubais Wirtschaft: „Entweder lösen wir dieses Problem jetzt oder es wird in einem Desaster enden“, sagt er im Interview mit der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.
Allein: Sajwani geht nicht mit gutem Beispiel voran. Dieses Jahr stellt er 4000 neue Wohnungen fertig, 13 Prozent des gesamten Bau-Irsinns im Emirat gehen also auf sein Konto. Und nächstes Jahr legt er noch einen drauf: 6000 neue Wohnungen hat er für 2020 bereits geplant.
Trotzdem zeigt Sajwani mit dem Finger auf seine Konkurrenten: Emaar Properties etwa würde Kunden mit attraktiven Zahlungsplänen locken, die sie zu Immobilienspekulationen verleiteten. Überhaupt, der Bauriese würde seine Wohnung zu Spottpreisen anbieten.
Andere Baufirmen und die Regierung reagieren bereits
Es spricht also viel dafür, dass Sajwani vor allem seine eigenen Schäfchen ins Trockene bringen will. Andere Immobilienriesen am Golf gehen das Problem ernsthafter an: Die meisten haben ihre Bautätigkeit eingestellt oder um bis zu 80 Prozent reduziert. Sie konzentrieren sich nun darauf, bestehende Wohnungen zu verkaufen, bevor sie neue bauen.
Auch die Regierung ist nicht untätig: Anfang September wurde ein Ausschuss ins Leben gerufen, der künftig jedes Bauprojekte genehmigen muss. Vorrangig geht es erst einmal darum, doppelte Projekte von verschiedenen Firmen zu vermeiden und sicherzustellen, dass jedes Großprojekt auch einen wirtschaftlichen Vorteil für Dubai generiert. Zudem sollen halbstaatliche Baufirmen nicht mehr mit privaten Investoren um dieselben Projekte kämpfen.
Ratingagentur warnt vor Baukrediten aus Dubai
Die Folgen des Baubooms könnten auch die Banken in die Bredouille bringen: Im September warnte Fitch, dass für die Banken der Vereinigten Arabischen Emirate ein neues Risiko heranwächst, welches hauptsächlich vom Bausektor des Landes ausgeht, insbesondere von den Projekten im Teilemirat Dubai.
Der Agentur zufolge wird ein erheblicher Teil von 23 Milliarden Dollar schweren Krediten an Unternehmen, die mit der Regierung in Dubai in Verbindung stehen, mit Laufzeit bis 2021 restrukturiert werden müssen. Der Grund: Seit Anfang 2015 verfallen die Immobilienpreise in Dubai stetig, belastet von einem Überangebot und einem schwächeren konjunkturellen Umfeld.
Darüber hinaus wies Fitch daraufhin, dass die Banken der VAE dem Bausektor des Landes stärker ausgesetzt seien, als es die Statistiken anzeigen. Zentralbankdaten zufolge machen Kredite an das Bau- und Immobilienwesen 20 Prozent des Gesamtvolumens aus – dabei seien aber Hypotheken an Privatpersonen sowie Kredite an Investmentfirmen, die Projekte finanzieren, außen vor gelassen.
Immerhin: Ganz unvorbereitet würde eine Qualitätsabnahme der Kredite die Banken nicht treffen. Laut Fitch deckten die Rückstellungen der Banken Ende 2018 die damals bereits wertgeminderten Kredite zu über 100 Prozent und 5,9 Prozent des Gesamtvolumens.
Quelle: FOCUS Online